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Überfüllte Praxen als Corona-Hotspots?: Das erwarten Hamburger Ärzte im Herbst

Sie sind im Herbst und Winter grundsätzlich ebenso gefragt wie unbeliebt: Hausarztpraxen. Die Wartezimmer sind oft überfüllt und überall wird geschnieft und gehustet. Diese Zustände waren schon vor Corona-Zeiten problematisch. Die MOPO hat Hamburger Ärzte gefragt, was sie vom Herbst erwarten.

Nicole Bongard, Geschäftsführerin vom Hamburger Hausärzteverband sieht dem Herbst nach eigenen Angaben „völlig unaufgeregt“ entgegen. Sie verstehe nicht, warum es in der kalten Jahreszeit Probleme in den Praxen geben sollte. „Meiner Einschätzung nach konnten die Hausärzte ihren Betrieb mittlerweile auf Pandemiebedingungen einstellen. So wurden Praxen teilweise umgebaut, Wände in den Wartezimmern eingezogen, Flure vergrößert. Es gibt hunderte verschiedene Lösungen, je nach Praxis. Aber ich sehe keine Überforderung bei den Hausärzten.“

Bongard sieht das Problem eher woanders. „Das Bild von überfüllten Praxen voller infizierter Patienten schreckt die Chroniker davon ab, zum Arzt zu gehen – vor allem alte Menschen. Das ist fatal, denn so können schwerwiegende Krankheiten möglicherweise nicht erkannt oder behandelt werden.“ Der Hausärzteverband mahnt deshalb, bei gesundheitlichen Problemen zum Arzt zu gehen und berichtet von den Strategien in den Praxen.

Hausärzte: Keine Überforderung der Hamburger Praxen im Herbst

„Die Chroniker kommen gar nicht mit den Infektpatienten in Berührung. Dafür wird mit gesonderten Sprechstunden und teilweise auch Sprechzimmern gesorgt. Überall gibt es Aushänge, dass Patienten mit Symptomen einer Viruserkrankung nicht einfach in die Praxen kommen, sondern vorher telefonisch einen Termin vereinbaren sollen“, so Nicole Bongard.

Diese Regeln werden auch in der Stellinger Praxis von Dr. Annette Lingenauber eingehalten. Die Kinderärztin hat – anders als Nicole Bongard – größere Befürchtungen, wenn sie an die kalte Jahreszeit denkt. „Wir merken bereits, dass die viralen Atemwegsinfekte wie in jedem Herbst zunehmen und erwarten wesentlich mehr Arbeit als in den anderen Jahren, da die Menschen lieber jeden Verdachtsfall abklären lassen wollen. Wahrscheinlich werden wir unsere Sprechstunde ausweiten müssen, um die Trennung von infektiösen und nichtinfektiösen Patienten gewährleisten zu können“, so Lingenauber.

Annette Lingenauber

Kinderärztin Dr. Annette Lingenauber erwartet im Herbst vor allem eins: Mehr Arbeit. Schon jetzt würden die Zahlen der viralen Atemwegserkrankungen nach oben gehen.

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Lingenauber

Hamburger Kinderärztin erwartet viel Andrang im Herbst

Sie appelliert an die Eltern, die Symptome ihrer Kinder vorab am Telefon zu schildern – die Ärztin kann dann entscheiden, ob die Patienten zu weiteren Untersuchungen in ihre Praxis kommen müssen oder es sich um eine typische „Rotznase“ handelt, bei der einige Tage zuhause im Bett als Medizin ausreichen. Dadurch, dass die Kitas wieder offen seien und dort weder der Mindestabstand noch die Maskenpflicht eingehalten werden könnten, würden einfache Infekte sich anders als im März und April viel leichter ausbreiten und eine Überforderung der Kinderarztpraxen im Herbst sei wahrscheinlich.

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In der Praxis von Hausarzt Björn Parey in Volksdorf wurden Spielsachen und Zeitschriften aus dem Wartebereich verbannt, die Anzahl der Stühle halbiert. Auch er arbeitet mit telefonischer Terminvergabe für die Infektpatienten, die das Wartezimmer in den meisten Fällen überhaupt nicht betreten und in einem gesonderten Sprechzimmer außerhalb der gewohnten Sprechzeiten behandelt werden.

Dr. Björn Parey

Dr. Björn Parey erwartet vom Herbst vor allem mehr Patienten, mehr Arbeit und mehr Organisation.

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Patrick Sun

Patienten kommen mit banalsten Symptomen zum Hausarzt

Der Hausarzt sieht dem Herbst mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich erwarte deutlich mehr Patienten als in den vergangenen Jahren, da jeder gern die kleinsten und banalsten Symptome abklären lassen möchte“, so Parey. Man habe zwar genug Zeit gehabt, um sich an die Corona-Maßnahmen zu gewöhnen, dennoch werden sich die Anforderungen an die Praxen in der kalten Jahreszeit noch erhöhen – auch, weil ein hoher Aufklärungs- und Informationsbedarf bestehe.

Dr. Dirk Heinrich

Der Hamburger HNO-Arzt Dr. Dirk Heinrich.

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Michael Zapf

HNO-Arzt Dr. Dirk Heinrich aus Horn ist in Bezug auf den nahenden Herbst erstaunlich gelassen. Er habe genug Erfahrung im Praxisbetrieb in Pandemiezeiten sammeln können, es sei genügend Schutzausrüstung da, die Strategien vorbereitet.

Hamburger HNO-Arzt sieht kalter Jahreszeit gelassen entgegen

Auch er trenne bereits seit März die infektiösen von den nichtinfektiösen Patienten, habe verschiedene Sprechzeiten. „Grundsätzlich werden erst einmal alle Infektpatienten als verdächtig betrachtet. Zwischen den Stühlen im Wartezimmer besteht der Mindestabstand. Wenn es zu voll wird, werden die Patienten wieder rausgeschickt und angerufen, wenn Kapazitäten frei werden.“ Und vielleicht, sagt Heinrich, wird es durch die Einhaltung der Corona-Regeln in der Bevölkerung sogar weniger Atemwegserkrankungen geben als in den vergangenen Jahren.

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Die Hamburger Ärzte sehen dem Herbst also mit gemischten Gefühlen und Erwartungen entgegen. Dr. Annette Lingenauber fasst es zusammen: „Die Pandemie ist ein fortlaufender Prozess und wir müssen uns immer wieder neu darauf einstellen.“

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