Überraschender Deal: Deswegen kauft Hamburg das Gruner+Jahr-Gebäude nicht
Das Gruner+Jahr-Verlagsgebäude in Hamburg erinnert mit runden Fenstern, Außenbalkonen und Kommandobrücke an einen Ozeandampfer. Gar nicht so alt, steht es unter Denkmalschutz. Der Verlag zieht aus, die Stadt hat das Haus gekauft. Doch auf einmal wird alles anders.
Das unter Denkmalschutz stehende Verlagsgebäude von Gruner+Jahr am Baumwall wird nun doch nicht in den Besitz der Stadt Hamburg übergehen, sondern an einen privaten Investor verkauft. Senat und Verlag hätten sich auf die Aufhebung des bereits Ende 2016 geschlossenen Kaufvertrages verständigt, sagten Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel sowie die Finanz- und Kultursenatoren Andreas Dressel und Carsten Brosda (beide SPD).
Gruner+Jahr: Internationaler Investor kauft Gebäude
Stattdessen werde nun der international agierende Immobilienentwickler Tishman Speyer das Objekt übernehmen, wenn der Verlag voraussichtlich 2024 in sein neues Gebäude in der Hafencity umgezogen ist. Kritik kam von den Linken, die dem Senat vorwarfen, die eigenen stadtentwicklungspolitischen Ziele zu konterkarieren.
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Es sei von Anfang an das Interesse der Stadt gewesen, Gruner+Jahr mit dem Kauf der markant-maritimen Immobilie am Hafenrand bei seiner Suche nach einem neuen Standort an Hamburg zu binden. „Es ging uns nicht um den Erwerb des Baumwalls als Selbstzweck“, sagte Dressel.
Hamburg: Gruner+Jahr-Bau soll erhalten bleiben
„Das Verlagshaus gehört zu Hamburg, und das soll auch so bleiben.“ Wenn das Unternehmen einen anderen Käufer gefunden habe, der die Entwicklung des Gebäudes „im Sinne unserer stadtentwicklungspolitischen Ziele“ umsetzt, werde die Stadt dem nicht im Wege stehen.
„Der Senat verschweigt, dass es hier auch um ein wertvolles und für die Stadt strategisch wichtiges Grundstück geht“, sagte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Heike Sudmann.
Hamburg: Linke kritisiert Hamburgs Gruner+Jahr-Deal
Noch im Herbst vergangenen Jahres habe Rot-Grün verkündet, durch die vermehrte Bestellung von Erbbaurechten den langfristigen Zugriff auf das nicht vermehrbare Gut Boden sowie eine Steuerungsmöglichkeit für nachfolgende Generationen sichern zu wollen. „Dieses wichtige innerstädtische Grundstück muss in der Hand der Stadt bleiben“, forderte Sudmann. Erbbaurecht statt Verkauf sei der richtige Weg.
Jäkel machte keinen Hehl daraus, dass Tishman Speyer mehr zahle als der Verlag von der Stadt bekommen hätte. Die Zahlung des Kaufpreises war bis 2024 vereinbart. Weder zur Höhe des einen noch des anderen Kaufpreises wollte sich eine der beteiligten Seiten äußern.
Gruner+Jahr-Gebäude: Wie hoch ist der Kaufpreis?
„Wenn man von 100 Euro ausgeht, ist es ein bisschen mehr als 101 Euro“, sagte Jäkel lediglich. Vor zwei Jahren hatte der damalige FDP-Fraktionschef Michael Kruse in einem Interview einen angeblichen Kaufpreis von 150 Millionen Euro ins Spiel gebracht.
Gruner+Jahr sei als Verlag für den Medienstandort Hamburg von zentraler Bedeutung, sagte Brosda, der nicht nur für Medien, sondern auch für Denkmalschutz und damit in diesem Fall doppelt zuständig ist. Dies bleibe auch so. Er sprach mit Blick auf den Baumwall von einer „sehr speziellen Immobilie“, die dazu auch noch „zwischen den Ikonen der Stadt, dem Michel und der Elphi“, liege.
Gruner+Jahr-Bau: Der Investor hat Pläne für Hamburg
Das fünfgeschossige Verlagsgebäude, das äußerlich mit runden Fenstern, Außenbalkonen und Kommandobrücke an einen Ozeandampfer erinnert, „bietet unfassbar viele spannende Optionen, wenn man mit dem Gebäude entwickelt und nicht gegen das Gebäude“, sagte er. Die Stadt werde die künftige Entwicklung eng begleiten.
Tishman Speyer habe mit dem New Yorker Rockefeller Center und anderen bedeutenden Objekten weltweit gezeigt, dass es Gebäude auch unter Denkmalschutz sanieren kann, sagte Deutschland-Direktor Florian Reiff. Gemeinsam mit den Co-Investoren Konzern Versicherungskammer und Pensionsvermögen des Eon-Konzerns sei man in Hamburg an einem langfristigen Engagement interessiert.
Das Verlagshaus am Baumwall „ist wirklich in jeder Hinsicht ein wahres Stück Hamburg“, sagte Reiff. Man wolle das Gebäude besser ins Quartier einbinden, nach Möglichkeit lokales Gewerbe und Manufakturen ansiedeln und es im Erdgeschoss Richtung Michelwiese und Portugiesenviertel öffnen. „Die Öffentlichkeit reinholen ins Gebäude, das ist ein ganz wesentlicher Punkt.“