Update: Hamburger Corona-Studie: Schulen können doch massive Infektionstreiber sein
Die Schulen sind sicher – oder? Das Bild, das Schulsenator Ties Rabe (SPD) seit Monaten zeichnet, es gerät ins Wanken. Eine Studie zum Corona-Ausbruch an der Heinrich-Hertz-Schule legt nahe, dass der Präsenzunterricht sehr wohl ein Pandemietreiber sein kann.
Es ist gar nicht so lange her, da präsentierte Schulsenator Ties Rabe (SPD) eine Studie zu Corona-Fällen an Hamburger Schulen, die seine Entscheidung, die Schulen offenzulassen, untermauerte. Anhand von zwischen August und Oktober erhobenen Daten hatte der Senator verkündet, vier von fünf Schülern würden sich außerhalb von Schulen anstecken. Der Schulbetrieb an sich sei also kein wirkliches Risiko.
Blöd nur, dass zu dem Zeitpunkt der Datenerhebung die allgemeine Infektionszahl deutschland- und hamburgweit ziemlich niedrig war, nicht zu vergleichen mit den Zahlen, die seit November wieder grassieren. Und: Schüler wurden nicht systematisch getestet, asymptomatische Verläufe dürften kaum in der Statistik als Corona-Fälle identifiziert worden sein.
Hamburg: Studie zu Corona-Ausbruch an Heinrich-Hertz-Schule
Der Corona-Ausbruch an der Heinrich-Hertz-Schule im September bot jedoch die Möglichkeit, einmal genauer hinzugucken, wo die Übertragungen stattgefunden haben könnten. Fast 40 Schulangehörige hatten sich infiziert – mithilfe von genetischer Sequenzierung sollte genau herausgefunden werden, wer sich wo angesteckt hatte.
Die bisherige These der Hamburger Politik, allen voran Ties Rabe: Schüler stecken sich außerhalb des Unterrichts an, nicht in der Schule.
Hamburger Studie: Schulen doch Corona-Infektionstreiber?
Die Ergebnisse des Heinrich-Pette-Instituts (HPI) und des UKE werden den Schulsenator jedoch nicht sonderlich freuen. Auf eine Anfrage beim Portal „FragDenStaat“ zu der Studie heißt es von der Schulbehörde: „Infektionen/Übertragungen haben in der Schule stattgefunden. Von den untersuchten und verwertbaren Proben ist eine hohe Anzahl von identischen Genomsequenzen identifiziert worden. Daher ist die überwiegende Mehrzahl der Übertragungen höchstwahrscheinlich auf eine einzige Infektionsquelle zurückzuführen. Die Möglichkeit, dass der Ausbruch aus unabhängigen Einträgen resultiert kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.“
Mit anderen Worten: Die Schulangehörigen der Heinrich-Hertz-Schule haben sich in der Schule infiziert. Schulen könnten also sehr wohl Infektionstreiber sein.
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Fast noch spannender als die Ergebnisse ist das Agieren der Schulbehörde. Wie lange sind diese Ergebnisse bereits bekannt? Warum werden sie nicht umgehend transparent gemacht, sondern es braucht erst eine Anfrage mit Verweis auf das Transparenzgesetz? Stattdessen fungierte eine Studie, an der es valide Kritik gab, als Alibi für den eingeschlagenen Kurs.
Hamburger Schulbehörde: Neue Corona-Studie „gute Nachricht“
Am Sonntag gab es die erste Reaktion aus der Schulbehörde mit einer ganz eigenen Interpretation der neuen Studie. Demnach behalte die alte Studie weiterhin ihre Richtigkeit, weil sie sich ja auf rund 170 Schulen beziehe. Dabei „kann die Lage an einer einzelnen Schule davon durchaus abweichen”, heißt es in einer Mitteilung. In 150 Schulen sei vermutlich keine einzige Corona-Übertragung passiert.
Im Fall des Corona-Ausbruchs an der Heinrich-Herz-Schule waren laut Schulbehörde 34 Schüler betroffen. Allerdings ließe die neue Studie den Schluss zu, „dass nicht 34, sondern sogar nur 25 Schulbeteiligte der Heinrich-Hertz-Schule in der Schule infiziert wurden.”
Schulbehörde Hamburg: Nur 19 Prozent der infizierten Schüler in Schule infiziert
Landesweit liege der Anteil der Schüler, die sich in einer Schule infiziert haben, bei 19,1 Prozent. Man habe zuvor jedoch mit mehr infizierten Schülern (34) gerechnet, die sich direkt in der Heinrich-Hertz-Schule infiziert haben, so dass die neue Studie eine gute Nachricht sei.
„Das bestätigt noch einmal, dass die Schulbehörde in ihrer Untersuchung sehr vorsichtig vorgegangen ist und im Zweifelsfall sogar etwas zu viele Infektionen als ,schulinterne‘ Infektionen bewertet hat”, heißt es abschließend. Warum die für die Schulbehörde so „gute Nachricht” erst am Sonntag – mehrere Tage nach der Antwort bei „FragDenStaat” – kommuniziert wurde, bleibt jedoch offen. (fkm)