Urlaub, Fußball, Kultur, Gastro: Corona: Wo wir wann mit Lockerungen rechnen können
Keine Gastro und keine geöffneten Geschäfte in der Hamburger City während des zweiten Lockdowns.
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Kein Weihnachten mit der ganzen Familie, keine ausgelassene Silvesterparty und auch kein Schneespaß in den Bergen. Unter extra-harten Bedingungen ging ein hartes Corona-Jahr zu Ende. Die gute Nachricht: Es gibt Licht am Ende des Tunnels. Wenn wir noch ein paar Monate durchhalten, dann wird vieles endlich wieder möglich sein. Dann können wir im Mai mit den Nachbarn grillen oder vorm Café einen Latte macchiato trinken. Mit der Planung großer Hochzeitsfeiern sollte man aber lieber noch warten.
Einen guten Freund einfach mal unbeschwert umarmen, ohne groß darüber nachzudenken. Die Großeltern besuchen, ohne Angst um sie zu haben. Oder bei einem Konzert in der Masse stehen und laut mitgrölen, ohne an Aerosole zu denken. Und endlich wieder einkaufen – ohne Maske. Urlaub im Ausland. Mit den Kollegen Kaffeepause machen. Früher waren all das Selbstverständlichkeiten. Heute sehnen wir uns danach.
Alle Heimbewohner werden bis Ende März geimpft
Etwas Geduld werden wir noch brauchen. Aber das Gute ist: Die Zeit arbeitet jetzt endlich wieder für uns. Mit dem Biontech-Impfstoff wird in Hamburg bereits gearbeitet, die Zulassung von Moderna folgt voraussichtlich in der zweiten Januar-Woche. Und der Wirkstoff wird voraussichtlich auch noch im Januar in Hamburg angeliefert.
In den Pflegeheimen und Krankenhäusern der Stadt wurde bereits mit dem Impfen (Biontech) begonnen und Gesundheitsbehörden-Sprecher Martin Helfrich sagte der MOPO, dass bis Ende März wahrscheinlich alle Bewohner und Mitarbeiter der Hamburger Pflegeheime zweimal durchgeimpft sind. Auch die über 80-Jährigen, die noch in ihren eigenen Wohnungen leben, sollen noch im Januar Post bekommen und dann zügig geimpft werden.
Fachstellen befürchten weiter hohe Infektionszahlen
Das bedeutet Entlastung für die derzeit stark belegten Krankenhäuser. Denn viele schwere Verläufe mit Klinik-Aufenthalt und Todesfolge betreffen nach wie vor alte Menschen – oft aus Pflegeheimen. Zuletzt waren 613 Bewohner in 50 Pflege-Einrichtungen infiziert. Hinzu kommen 286 Pflegekräfte. Ein neuer Höchststand, der dazu führt, dass nur noch Besucher mit negativem Testergebnis überhaupt in die Heime dürfen.
In Hamburgs Kliniken werden derzeit 537 Patienten wegen Corona behandelt, davon 109 intensiv-medizinisch (Stand 2.1.2021). Über Weihnachten waren die Zahlen erneut gestiegen. Viele Fachstellen befürchten, dass jetzt wegen der Weihnachts- und Neujahrskontakte im Januar und Februar noch mit deutlich steigenden Infektions- und Todesfallzahlen zu rechnen ist.
UKE mittlerweile mit drei kompletten Covid-19-Stationen
Wie sich das Infektionsgeschehen über die Feiertage tatsächlich entwickelt hat, lässt sich noch nicht endgültig abschätzen. „Wir wissen eigentlich erst ab dem 6. Januar genauer, wo wir stehen“, sagt Prof. Stefan Kluge, der Leiter der Intensivmedizin am UKE. Denn über die Feiertage gibt es nicht so viele Möglichkeiten, sich testen zu lassen, und es ist auch unklar, wie zeitnah sich die Hamburger tatsächlich über die Feiertage in die Testzentren begeben.
Das UKE ist die Klinik mit den meisten Intensivpatienten in Hamburg. „Wir haben mittlerweile drei komplette Intensivstationen für Covid-19-Patientinnen und -Patienten“, so Kluge. Dass es ab dem 11. Januar zu umfangreichen Lockerungen kommt, das erwartet der Intensivmediziner nicht. „Wann es mehr Normalität gibt? Das wäre wie ein Blick in die Glaskugel“, sagt er zur MOPO. Es gebe einfach noch zu viele Unwägbarkeiten wie etwa die neue Virus-Variante und die Frage, wie groß die Impfbereitschaft tatsächlich sei.
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Aber Kluge ist auch sicher: „Im Frühjahr gibt es eine deutliche Entspannung.“ Ab Mitte April, Mai, werden zum einen viele geimpft sein, zum anderen spielen sich dann viel mehr Aktivitäten endlich wieder draußen ab. Denn die gefährlichen Aerosole reichern sich in erster Linie in Räumen an. Trotzdem bleibt er vorsichtig. „Wir müssen alle weiterhin kurzfristig schauen. Natürlich möchten die Menschen Urlaub buchen. Aber ich selbst werde das lieber noch nicht machen.“
Insgesamt aber schon gute Aussichten, die einen über die Durststrecke der nächsten Monate hinwegtrösten. So wird es voraussichtlich im April oder Anfang Mai wieder möglich sein, ins Restaurant zu gehen – zuerst auf den Außenterrassen, dann auch drinnen. Bisher wollen sich dazu gegenüber der MOPO zwar weder die Gesundheitsbehörde noch die Politik zu Aussagen hinreißen, doch es deutet vieles darauf hin.
Kleinere Partys ab dem Frühling wieder möglich
Denn im kommenden Frühling werden schon viele Risiko-Gruppen geimpft sein, es gibt die Schnelltests und überhaupt ist über das Virus so viel mehr bekannt als im Frühjahr 2020. Selbst damals war die Gastronomie ab dem 13. Mai wieder geöffnet (sie war seit 20. März geschlossen).
Dann können sich ab Mai und Juni sicherlich endlich auch wieder mehr als zwei Haushalte treffen. Beim letzten Mal fielen die Beschränkungen dazu am 1. Juli, ab dann konnten wieder bis zu zehn Personen zusammenkommen. Und diesmal können auch viele alte Menschen und Risiko-Patienten wieder unbeschwerter dabei sein. Denn sie sind dann voraussichtlich alle geimpft.
Auch kleinere Partys werden ab Frühling sicherlich wieder zugelassen. Insbesondere da es ja jetzt immer die Möglichkeit gibt, sich vorab einem Schnelltest auf Corona zu unterziehen. Im vergangenen Sommer durften in Hamburg 25 Personen privat feiern. Bei Hochzeiten, runden Geburtstagen etc. in angemieteten Räumen durften sich sogar 50 Leute treffen. Das wird in diesem Jahr sicherlich nicht strenger gehandhabt. Jedenfalls nicht, wenn sich das Jahr ohne unvorhergesehene Rückschläge entwickelt.
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Unvorhersehbarer sind die so heiß herbeigesehnten Urlaube ins Ausland. Da könnte es je nach Infektionsgeschehen und Impfstatus der Länder weiterhin zu Einreise-Verboten oder Quarantäne-Auflagen für Rückkehrer kommen.
Deshalb raten Verbraucherzentralen zum Buchen von Pauschal- statt Individualreisen, weil die Kunden da besser abgesichert sind, wenn der Urlaub wegen Corona ins Wasser fällt. Aber viele haben eh vor, innerhalb Deutschlands zu verreisen. Da dürften vor allem die Ferienhäuser wieder sehr schnell ausgebucht sein. Hier könnten wie in der Vergangenheit in etlichen Bundesländern ein negativer Coronatest oder womöglich sogar eine Impfbescheinigung Bedingung für die Beherbergung werden. Am sichersten ist wohl, wer direkt im Sommer verreist. Denn was der nächste Herbst und Winter in Sachen Corona bedeuten, das lässt sich noch nicht prognostizieren.
Zuschauerfrage bei großen Sport-Events noch offen
Wann endlich wieder Fans in die Fußballstadien dürfen, bleibt ebenfalls schwer vorherzusagen. Spätestens zur neuen Saison werden wohl wieder Zuschauer in der Bundesliga zugelassen. Womöglich mit deutlich reduzierter Zuschauerzahl, Schnelltest und Maskenpflicht. 2021 sollen Fußball-EM (Austragung in zwölf Städten, darunter München) und Olympische Spiele (Tokio) nachgeholt werden, nachdem sie 2020 abgesagt wurden. Die Zuschauerfrage ist bisher offen.
Und wie werden wir wirtschaftlich über die Runden kommen? Da die Mehrheit der Menschen in Hamburg und in ganz Deutschland ihren Job behalten hat und es kaum Gelegenheit zum Geldausgeben gab, wird mit großer Konsumlust fürs nächste Jahr gerechnet. Was Kleidung, Urlaub und Kultur angeht, gibt es bei vielen großen Nachholbedarf, wenn die Geschäfte bald wieder öffnen.
Institut sagt Wirtschaftswachstum für Deutschland voraus
Überraschend rosig bewertet das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) die Entwicklung. Es sagt für Deutschland ein Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent im Jahr 2021 und von 4,5 Prozent 2022 voraus. Gegen Ende 2021 werde wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht. Danach sinke die Arbeitslosigkeit und die Staatsfinanzen könnten sich langsam erholen. Klingt doch alles nach gar nicht so schlechten Aussichten!