Vergewaltigung nicht zu beweisen: Richterinnen sprechen vier Männer frei
Die Hinweise reichten für eine Verurteilung nicht aus: Das Landgericht hat vier Männer vom Vorwurf freigesprochen, sie hätten eine junge Frau mit K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt. Der Hauptangeklagte Morteza M. (26) saß ein Jahr in U-Haft und wird nun entschädigt.
„Das ist eines der Verfahren, bei denen es am Ende nur Verlierer gibt“, begann die Vorsitzende Richterin ihre Urteilsbegründung. Die Kammer, besetzt mit drei Richterinnen, hat auf Freispruch entschieden: „Man muss die zutage getretenen Einstellungen der Angeklagten zu Frauen hinnehmen, sie sind strafrechtlich nicht relevant.“
Anklage: Frau verschleppt und vergewaltigt
Die Anklage klang schockierend: Drei der Angeklagten sollen im November 2018 einer 25-jährigen Frau in einer Shisha-Bar K.o.-Tropfen verabreicht haben, sie dann in eine Wohnung verschleppt und dort vergewaltigt haben. Der vierte Mann war wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Die junge Frau wurde schwanger und hatte eine Abtreibung.
In der Beweisaufnahme ließen die Vergewaltigungen jedoch nicht zweifelsfrei nachweisen. Das Opfer war offenbar schwer betrunken an jenem Abend, an dem sie und eine Freundin in einer Shisha-Bar in Wandsbek auf zwei der Angeklagten trafen.
Nebenklägerin: Job in Shisha-Bar
Der Angeklagte Morteza M. und die spätere Nebenklägerin kannten sich von ihren Jobs in einer anderen Shisha-Bar. Die junge Frau jobbte als Kellnerin, hatte damals ein „auf sexuelle Kontakte beschränktes Verhältnis“ mit dem Kollegen, wie die Vorsitzende erklärte.
Die Vierergruppe trank sehr viel Wodka, zog später auf den Kiez weiter, wo bei beiden Frauen die Erinnerung aussetzt. Ob die Nebenklägerin mit ihrem Ex-Liebhaber und dessen Freund in einem Club eng tanzte, „kann weder bestätigt noch ausgeschlossen werden“, so die Richterin.
Ungeschützter Sex mit zwei Angeklagten
Fest steht, dass ihre Freundin am frühen Morgen „alleine auf der Tanzfläche, vor einer Säule stehend“ wieder zu sich kam und nach Hause fuhr, während die Nebenklägerin mit ihrem Ex und dessen Freund mitgefahren war und mit beiden ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte – woran sie sich jedoch nicht erinnern konnte, als sie in der fremden Wohnung aufwachte.
Vergewaltigungen nicht nachzuweisen
Dass die junge Frau vergewaltigt wurde, ist nicht zu beweisen: „Es spricht viel dafür, dass die Trunkenheit der Nebenklägerin ausgenutzt wurde“, so die Vorsitzende, „es gibt dafür aber keine Gewissheit.“
Es sei auch möglich, dass die Frau sich aktiv beteiligt habe, ohne sich daran zu erinnern: „Es gibt keine Beweise für sexuelle Handlungen gegen ihren Willen.“
Auch der Einsatz von K.o-Tropfen konnte nicht nachgewiesen werden, weil die Frau erst vier Wochen später, als sie ihre Schwangerschaft bemerkte, Anzeige erstattet hat.
Unterhosen-Foto „ohne Beweiskraft“
Bleibt noch ein Foto aus jener Nacht, dass drei der Angeklagten in der Wohnung zeigt, bekleidet nur mit Unterhosen. „Ein unsägliches Selfie“, so die Richterin, „aber auch das hat keine Beweiskraft.“