Vier Jahre Trump: Bitte, Amerika! Beende den Albtraum!
Kommentar –
Kommt in diesen Tagen das Gespräch auf die US-Wahl, erwacht bei vielen die Erinnerung an genau jene Sekunden, in denen vor vier Jahren die Meldung zu Trumps Sieg ins Bewusstsein sickerte. Unheilvolle Push-Nachrichten auf dem Handy, blassnäsige Kollegen im Büro. Bleibende Assoziationen mit einem Ohnmachtsmoment – das kannte man vorher eher von Terroranschlägen wie dem auf das World Trade Center in New York. Dabei ging es hier doch nur um den Ausgang einer Wahl – einer demokratischen noch dazu.
Und doch waren es Bilder, die sich festsetzten: Hillary Clintons versteinerte Mienen, schluchzende Demokraten in den Straßen von New York, europäische Staatenlenker, die nach Worten rangen. Gleichzeitig waren da die Trump-Anhänger im Triumph-Rausch.
Plötzlich war ein Rassist der mächtigste Mann der Welt
Die Amerikaner hatten einen Mann gewählt, über den sie wussten, dass er ein Rassist, Sexist und unverhohlener Lügner war. Gerade war dieser Donald Trump noch ein alberner Typ aus dem TV gewesen. Plötzlich war er der mächtigste Politiker der Welt.
Eins war klar: Die Grundfesten der Weltpolitik würden ins Wanken geraten.
Was ist noch übrig vom amerikanischen Traum?
Zunächst war da noch die stille Hoffnung, dass es nur eine kurze Verirrung in der Geschichte der westlichen Welt sein könnte. Einmal falsch abgebogen, ok, kann man ja korrigieren, weiter geht‘s. Schließlich ging es hier doch um die Vereinigten Staaten von Amerika! Das Land, das uns von der Nazi-Diktatur befreit hat. Das unsere Eltern eben noch für seine unbegrenzten Möglichkeiten und seine Freiheit bewundert hatten. Amerika und sein amerikanischer Traum!
Heute, vier Jahre später, ist der amerikanische Albtraum Realität. Donald Trump bedroht öffentlich Journalisten. Er sympathisiert mit Rechten, hat sich kurz vor der Wahl mit Amy Coney Barrett noch eben eine Richterin in den Supreme Court gesetzt, die im Jahr 2020 das Recht auf Abtreibung kippen könnte.
Milizen und „Proud Boys“: Trumps Anhänger rüsten auf
Als Trumps Anhänger jüngst in Texas einen Biden-Wahlkampfbus in einem gefährlichen Manöver auf der Schnellstraße bedrängten, twitterte Trump höchst persönlich ein Video von dem Vorfall und kommentierte: „I love Texas!“ Und keinen wundert’s mehr.
Trump hat das Pariser Klimaabkommen aufgekündigt und die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) verlassen. Er hat illegalen Einwanderern an den US-Grenzen ihre kleinen Kinder aus den Armen reißen lassen – zur Abschreckung. Während der Black-Lives-Matter-Proteste gegen Rassismus ließ er sich den Weg durch die Demonstranten mit Tränengas freischießen. Und keinen wundert’s mehr.
Längst ist Wahrheit keine Währung mehr
Innerhalb von vier Jahren hat sich Donald Trump eine treue Anhängerschaft zugelegt, für die Wahrheit keine Währung ist und moralische Grenzen nichts mehr zählen.
Je näher die Wahl rückte, desto häufiger fanden sich Berichte von Trump-Verehrern, die sich mit Waffen eindeckten. Milizen haben aufgerüstet, selbst ernannte Patrioten Patronen gehortet, um ihren Präsidenten „zu verteidigen“, sollte er nicht wiedergewählt werden.
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Wie der „Spiegel“ berichtet, hält ein Drittel der Amerikaner einen Bürgerkrieg in den kommenden fünf Jahren inzwischen für wahrscheinlich. „Haltet Euch bereit!“, forderte der Präsident die sogenannten „Proud Boys“, eine rechte Miliz, zuletzt auf.
Donald Trump hat in seiner Amtszeit auf erschreckende Art und Weise bewiesen, wie schnell sich die Grenzen der Demokratie ausdehnen lassen – bis sie verschwimmen. Wir können deshalb nur noch hoffen, dass in der Nacht auf Mittwoch deutscher Zeit mit Joe Biden die Vernunft über den Wahnsinn siegt.
Dass wir am Morgen aufwachen und aufatmen können.