• Die Stadt Hamburg prüft derzeit das Vorkaufsrecht für das 110 Jahre alte Haus von Dirk Barthel am Allermöher Deich.
  • Foto: Florian Quandt

Vorkaufsrecht noch für 100 Jahre: Stadt Hamburg kauft nach und nach die Deiche auf

Allermöhe –

Zwischen Feldern, Gärten und Häusern entlang der Dove-Elbe schlängelt sich der Allermöher Deich. Die teils Jahrzehnte alten Häuser auf Deichgrund stellen jetzt allerdings ein Problem dar – der Binnenhochwasserschutz sei gefährdet, heißt es vonseiten der Stadt. Die kündigte nun an, in den nächsten 100 Jahren das Vorkaufsrecht für Deichgrundstücke zu nutzen. So auch bei Dirk Barthel – das Haus war bereits verkauft, jetzt liegt der Vertrag auf Eis.

In den vergangenen Jahren trat verstärkt Starkregen auf. Diese plötzlich auftretenden Wassermassen führen in den relativ kleinen Hamburger Gewässern zu einem schnellen Anstieg des Wasserspiegels. Je nach Intensität können angrenzende Gelände weitläufig überfluten. Die Stadt reagiert: Die Deiche entlang der zweiten Deichlinie werden geprüft, vorbereitet und, wo nötig, in Stand gesetzt.

Durch Starkregen können die, an die Dove-Elbe angrenzenden Wiesen schnell überschwemmt werden.

Durch Starkregen können die an die Dove-Elbe angrenzenden Wiesen schnell überschwemmt werden.

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Florian Quandt

Das wichtigste Instrument dabei: Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Stadt. Wann genau kommt dieses Recht zum Tragen, wollte die MOPO von den Behörden wissen. In diesem Fall: „Beim Verkauf von Grundstücken, die an öffentliche Hochwasserschutzanlangen angrenzen und somit für Zwecke des gegenwärtigen oder zukünftigen Hochwasserschutzes benötigt werden“, erklärt Claas Ricker, Sprecher der Finanzbehörde.

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Grundstück-Aufkauf wegen der Öffnung der Dove-Elbe?

Bei den Betroffenen herrscht Unverständnis: Dirk Barthel (60) hatte seinen 110 Jahre alten ehemaligen Gasthof am Allermöher Deich 95 bereits verkauft, als die Behörde auf das Vorkaufsrecht bestand. „Es scheint fast, als komme die Entscheidung aus heiterem Himmel“, sagt Barthel. Erst in diesem Jahr hatte die Stadt begonnen, ihr Recht konsequent einzufordern – und das für die nächsten 100 Jahre.

Für Barthel ist klar: Die Stadt kauft die Grundstücke nur, um den Deich auf die Öffnung der Dove-Elbe hin zur Tide-Elbe vorzubereiten. Dies wird gerade vom „Forum Tiedeelbe“ als Möglichkeit geprüft, um dem grassierenden Problem der Sediment-Ansammlung in der Elbvertiefung wieder Herr zu werden.

Der Kaufvertrag mit dem Interessenten war eigentlich bereits unterschrieben, dann trat die Stadt auf dem Plan.

Der Kaufvertrag mit dem Interessenten war eigentlich bereits unterschrieben, dann trat die Stadt auf den Plan.

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Florian Quandt

Das stimme nicht, heißt es von Seiten der Umweltbehörde. Die Grundlage der Entscheidung zur Nutzung des Vorkaufsrechts ist ein in Auftrag gegebenes Gutachten beim Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). „Das Ergebnis war eindeutig“, sagt Björn Marzahn von der Umweltbehörde. Für den Binnenhochwasserschutz sei die zweite Deichlinie unverzichtbar. Dafür müssen allerdings diejenigen Gebäude beseitigt werden, die sich auf öffentlichem Deichgrund befinden, erklärt er.

Hamburg: Verkauf entweder an die Stadt oder gar nicht

Fakt ist: Die Stadt wird in den nächsten 100 Jahren das Vorkaufsrecht für Deichgrundstücke nutzen. Verkäufern, deren Grundstücke betroffen sind, bleibt dann nur die Möglichkeit, an die Stadt zu verkaufen. Oder auf einen Verkauf zu verzichten. Nach Angaben der Finanzbehörde gab es 2019 noch einen Verkauf von Privat an Privat am Allermöher Deich – das Vorkaufsrecht wurde nicht ausgeübt. Seit Beginn dieses Jahres sind vier Verkäufe bekannt, drei Vorkaufsrechts-Prüfungen laufen, ein Ankauf wurde bereits getätigt.

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