Warum Bremen Impfmeister ist – und nicht wir
Das kleinste Bundesland liegt ganz vorn: Bremen ist derzeit deutscher Impfmeister. Schon 69,5 Prozent der Bevölkerung sind mindestens einmal geimpft, 55,5 Prozent haben sogar schon vollständigen Schutz. Das ist deutlich mehr als in Hamburg. Warum ist Bremen schneller?
„Ach, wissen Sie: Jedes Bundesland gibt doch sein Bestes, um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen“, sagt dazu Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte auf MOPO-Nachfrage. Als SPD-Parteikollege sagt er prompt: „Peter Tschentscher hat Hamburg bislang hervorragend durch die Pandemie geführt.“
Bremens Bürgermeister Bovenschulte: Impfzentren funktionieren „richtig gut”
Doch eins steht fest: Bei der Impfquote steht das Land Bremen, zu dem auch Bremerhaven gehört, deutlich besser da als Hamburg. Hier sind aktuell 61,9 Prozent der Hamburger mindestens ein Mal und 45,9 Prozent zwei Mal gegen Corona geimpft worden. An Impfmeister Bremen, der schon am 9. Juni mehr als die Hälfte der Bevölkerung mindestens ein Mal geimpft hatte, kommt Hamburg damit nicht ran.
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Was macht Bremen richtig? Niedergelassene Ärzte, Betriebsärzte und die Impfzentren, die Bremen gemeinsam mit der heimischen Wirtschaft und Hilfsorganisationen aufgebaut hat, haben zur hohen Impfquote beigetragen. Besonders die Impfzentren funktionieren „richtig gut“, sagt Bovenschulte. „In unserem Callcenter zum Beispiel landen die allermeisten Anruferinnen und Anrufer nicht in einer Warteschleife, sondern werden sofort durchgestellt.“
Auch das Impfen selbst sei professionell organisiert. „Das spricht sich herum in unseren beiden Städten, dass man da gut behandelt wird.“ Bovenschulte ist sich sicher: „Das hat auch Auswirkung auf die Impfbereitschaft.“ Auch sei Bremen von Anfang an auf die Menschen zugegangen, habe sie angeschrieben und ihnen einen Impftermin angeboten. „Ich glaube, das macht schon einen Unterschied“, so Bovenschulte.
Hätte auch Hamburg ein größeres Impfzentrum gebraucht?
Eine gute Ansprache der Bürger also – mit einer Kapazität von 10.000 bis 14.000 Impfungen pro Tag für eine Stadt mit nur rund 569.000 Einwohnern ist das Impfzentrum in den Bremer Messehallen aber auch deutlich größer als das in Hamburg. In unserer 1,8-Millionen-Einwohnerstadt ist das Impfzentrum auf 7.000 bis 8.000 Impfungen am Tag ausgelegt.
Hätte auch Hamburg ein größeres Zentrum gebraucht? Das glaubt die Hamburger Gesundheitsbehörde nicht. „In den zurückliegenden Monaten war es allein die zur Verfügung stehende Impfstoffmenge, die unsere Impfmöglichkeiten begrenzt hat“, sagt Behördensprecher Martin Helfrich zur MOPO. Das Hamburger Impfzentrum sei in den vergangenen Monaten gut ausgelastet, aber nicht überlastet gewesen. Bis zu 11.000 Impfungen wurden in der Spitze verabreicht. Nebenstellen des Impfzentrums in Krankenhäusern, Arztpraxen und Betriebsärzte sorgten für zusätzliche Impfangebote, so Helfrich.
Allerdings fanden prozentual mehr Impfdosen ihren Weg in die Oberarme der Bremer als in die der Hamburger: Mit 121,1 verabreichten Impfungen pro 100 Einwohner liegt das kleine Bundesland laut dem Impfdashboard des Bundesgesundheitsministeriums deutschlandweit an der Spitze. Hamburg nimmt dort mit 104,9 verabreichten Dosen pro 100 Einwohnern derzeit nur Platz 11 ein. Von den insgesamt nach Hamburg gelieferten 2.146.531 Dosen wurden nach den Angaben nur 1.938.220 verimpft.
Impfstau in Hamburg: Mehr als 200.000 Dosen noch nicht verabreicht
Zum Vergleich: Bremen bekam nur 789.094 Dosen geliefert, verabreichte aber 824.826. Wie geht das? Das Land Bremen habe bereits früh Impfstoffmengen von Niedersachsen bekommen, so Helfrich. Denn viele Städte haben auch Menschen geimpft, die außerhalb der Landesgrenzen wohnen – weil sie zum Beispiel als Polizist:in oder Krankenpfleger:in in der Stadt arbeiten. So auch in Hamburg. Doch hier hat kein Ausgleich mit den benachbarten Ländern stattgefunden.
Und auch mit rund 35.000 Impfdosen weniger hätte Bremen seine Bewohner noch schneller gepikst als Hamburg – wo mehr als 200.000 gelieferte Impfdosen noch gar nicht verabreicht wurden. Wo sind die geblieben? „Diese Dosen liegen überall in den Kühlschränken: bei Betriebsärzten, Arztpraxen und im Impfzentrum“, sagt Walter Plassmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, der MOPO. „Es sind einfach zu wenige Impflinge da.“ Zudem haben viele Arztpraxen wegen der zunächst sehr schwankenden Lieferungen Impfstoff zurückgehalten. Nun kommen die Lieferungen zuverlässig – doch in den Ferien werden die Praxen kaum Impfstoff los.
In Hamburg bleibt vor allem Astrazeneca liegen
Ob es sich wirklich um mehr als 200.000 Dosen handelt, ist jedoch unsicher: Zum einen können Dosen seit der Erhebung des Bundesgesundheitsministeriums in Hamburg verimpft worden sein, zum anderen weiß niemand, wie viel tatsächlich an die Arztpraxen ausgeliefert wurde. „Aber der Trend stimmt“, so Plassmann.
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Mit Ende der Sommerferien könnten die Impfungen in den Arztpraxen zwar wieder zunehmen, glaubt er. „Aber nicht mit Astrazeneca. Das will keiner mehr haben.“ Jetzt müsse schnellstmöglich eine Lösung für die liegengebliebenen Astrazeneca-Dosen gefunden werden. Die Arztpraxen können sie gemäß dem Arzneimittelgesetz nicht an die Apotheken zurückgeben – und die ersten Dosen laufen schon nächste Woche ab.