Wenn die Versicherung fehlt: „Praxis ohne Grenzen“ behandelt Menschen kostenlos
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In Deutschland muss sich in einem Krankheitsfall normalerweise niemand Sorgen um die Behandlung machen – denn die Krankenversicherung kommt für die Kosten auf. Es gibt jedoch auch Menschen, die durch das Raster fallen und nicht oder nicht mehr versichert sind. Um diese Fälle kümmert sich seit mehr als fünf Jahren die „Praxis ohne Grenzen“ in Hamburg, die nun in neue Räumlichkeiten zieht.
Wenn Menschen in Deutschland krank werden, gehen sie zum Hausarzt oder gleich in ein Krankenhaus, um sich behandeln zu lassen. Doch wenn die Versicherung fehlt, ist die Behandlung kostspielig. Menschen ohne deutschen Pass oder Selbstständige, die ihre private Versicherung plötzlich nicht mehr bezahlen können, fallen in diese Kategorie.
Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung
Hinrich Bernzen, der die Öffentlichkeitsarbeit unterstützt, kennt diese Schicksale. Die „Praxis ohne Grenzen“, die vor fünfeinhalb Jahren von Prof. Dr. Peter Ostendorf (ehemaliger Chefarzt im Marienkrankenhaus in Hamburg) gegründet wurde, sei für diese Menschen die einzige Anlaufstelle.
„Für die Betroffenen ist es kein leichter Schritt, in die Praxis zu kommen. Oftmals zögern sie den Besuch durch Scham und falsche Eitelkeit lange hinaus“, sagt Bernzen im MOPO-Gespräch.
Vor Ort werden sie ehrenamtlich von pensionierten Ärzten behandelt. „Auf einem Niveau, wie sonst in guten Krankenhäusern.“ Pfleger und Krankenschwestern kümmern sich ebenso um die Patienten. Auch Sozialarbeiter sind laut Bernzen vor Ort, die sich bemühen, Lösungen für die Menschen zu finden, und sie im besten Falle auch wieder in eine Krankenversicherung zu bekommen.
„Etwa 30 bis 40 Frewillige sind hier vor Ort“, sagt Bernzen. Aktuell gebe es immer mittwochs eine Sprechstunde, bei der sich jedes Mal etwa 150 Menschen vorstellen würden. „Das sind Selbständige ohne finanzielle Mittel, EU-Bürger ohne Zugang zu sozialen Systemen oder auch papierlose Flüchtlinge.“ Sie seien auf Einrichtungen wie die „Praxis ohne Grenzen“ in Hamburg angewiesen.
Hamburg: Geräte und Medikamente durch Spenden finanziert
Die modernen Geräte, die in der Praxis zum Einsatz kommen und die Medikamente werden ausschließlich durch Spenden finanziert. „Medikamente dürfen ja leider nicht gespendet werden.“ Auch eine mögliche Weiterbehandlung in einem Krankenhaus wird davon bezahlt. „Ostendorf hat zusammen mit Spendern und größeren Stiftungen viel gesammelt.
Nur so konnte das Projekt umgesetzt werden“, sagt Bernzen im MOPO-Gespräch. „Am Ende steht und fällt das Projekt mit den Spendern.“ Doch bisher sei der relativ hohe Spendenbedarf immer gedeckt worden. „Das ist ein tolles Signal von den Unterstützern in der Stadt Hamburg.“
Wegen Corona: Acht Wochen kein Praxis-Betrieb
Durch die Corona-Pandemie musste die Praxis für acht Wochen schließen. Der vorherige Standort lag in einem Pflegeheim. „Da durften wir ja wegen Corona nicht mehr rein.“ Glücklicherweise sei der Umzug schon vorher geplant gewesen.
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„Ab dem 3. Juni sind wir endlich wieder für die Menschen da.“ In den neuen Räumlichkeiten in Eidelstedt sei das Team auch für die Corona-Zeit gewappnet. „Dort gibt es Plexiglasscheiben und kostenlose Masken für die hilfesuchenden Patienten.“