Wenn kein Wunder geschieht: Hamburg könnte bald 6000 Kastanien verlieren
Zum ersten Mal seit Jahren sind in Hamburg nicht mehr Straßenbäume gefällt worden als gepflanzt wurden. Doch eine traurige Entwicklung wird sich wohl nicht mehr aufhalten lassen: Kastanien werden bald nicht mehr zum Stadtbild gehören.
Zuerst die guten Nachrichten: Mit rund 224.000 Straßenbäumen weist Hamburg im deutschen Großstädtevergleich den größten Bestand pro 1000 Einwohner auf. So lassen sich 132 Straßenbäume pro 1000 Einwohner zählen – in München sind es beispielsweise nur 74. Außerdem wurden in Hamburg im Jahr 2020 zum ersten Mal seit Jahren wohl nicht mehr Straßenbäume gefällt als neugepflanzt.
Aktuell geht eine Berechnung davon aus, dass es sogar einen Überschuss von 176 neuen Bäumen gibt, Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) wollte bei der Vorstellung der Baumstatistik am Dienstag allerdings noch nicht den Tag vor dem Abend loben. „Noch sind nicht alle Zahlen der Bezirksämter übermittelt worden“, sagte der Senator, allerdings gehe er zumindest von einer schwarzen Null bei Baumfällungen versus Baumpflanzungen aus.
Hamburg: Kastanie wird aussterben
Doch trotz der im allgemeinen positiven Entwicklung gibt es auch eine sehr schlechte Nachricht. Seit 2014 sterben in Hamburg immer mehr Kastanien – mittlerweile gibt es noch 6000 von ihnen in der Hansestadt, doch neue werden nicht mehr gepflanzt. Das liegt daran, dass die Kastanien von einer Komplexerkrankung befallen werden, gegen die es bis heute kein Gegenmittel gibt. Die Rindenerkrankung sorgt innerhalb kürzester Zeit dafür, dass die befallenen Kastanien absterben.
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„Wenn es nicht doch noch ein Wunder gibt und wir irgendein Mittel finden, werden wir wahrscheinlich die verbleibenden 6000 Kastanien verlieren. Ich muss ihnen schon sagen, das ist eine sehr traurige Botschaft“, so Kerstan. Retten kann man dagegen die Hamburger Ulmen. Um die 2000 verbliebenen Bäume vor der Ulmenkrankheit zu bewahren, werden sie jetzt geimpft.
Insgesamt wurden in Hamburg 2020 nach bisheriger Prognose 1879 Bäume gefällt. Neben krankheitsbedingten Entfernungen waren die Verkehrswende, also der Ausbau von Radwegen, Buslinien und Bahnstrecken und der Wohnungsbau für Fällungen verantwortlich. Häufig ist das Problem, dass es an Orten, wo die Bäume für die Infrastruktur gefällt werden, keine Möglichkeiten gibt, sie irgendwo alternativ nachzupflanzen. Versiegelungen und verlegte Leitungen tun bei der Standortsuche ihr Übriges.
CDU kritisiert Rechnung des Senats – und fordert mehr Nachpflanzungen
Dass sich der Baumbestand in Hamburg trotz Widrigkeiten vergleichsweise positiv entwickelt wie Umweltsenator Kerstan darstellt, sieht die oppositionelle CDU anders. Laut des umweltpolitischen Sprechers der Fraktion, Sandro Kappe, wurden trotz des positiven Straßenbaumwerts wichtige Zahlen bei der Vorstellung unterschlagen. „Seit 2015 wurden unter dem rot-grünen Senat 11,7 Hektar Wald und mindestens 8759 Bäume gefällt und nicht nachgepflanzt“, so Kappe. Die einfache Betrachtung von Nachpflanzungen bei Straßenbäumen sei ungenügend, wenn „gleichzeitig eine unzureichende Nachpflanzung in Grünanlagen und Wäldern erfolgt“. Die CDU fordert eine eins-zu-eins Nachpflanzungsquote.
Das sind die häufigsten Bäume in Hamburg
Insgesamt gibt es in Hamburgs Straßen über 300 verschiedene Baumarten. Am häufigsten kommen dabei Linden, Eichen, Ahorn, Hainbuchen und Platanen vor. Die Stadt erfasst lediglich Straßenbäume statistisch, zu den 224.000 Straßenbäumen kommen schätzungsweise noch 600.000 Parkbäume, eine Million Bäume auf Privatgrund und rund sechs Millionen Bäume in den Hamburger Wäldern hinzu.