Wie bei der Mafia: Korruptions-Skandal in Hamburg: Hohe Strafe für Beamten
Tonndorf –
So etwas kennt man eigentlich nur von der italienischen Mafia: Firmen bekommen öffentliche Aufträge gegen Schmiergeld. Doch der Tatort ist diesmal nicht Palermo, sondern der Bezirk Wandsbek. Am Mittwoch kassierte der ehemalige Leiter (53) des Bauhofs Rahlau (Tonndorf) ein knallhartes Urteil: Drei Jahre, zehn Monate wegen 27-facher Untreue und Bestechlichkeit. Er hatte sich jahrelang vom Chef einer Straßenbaufirma schmieren lassen.
„Menschen – Straßen – Lösungen“ – so wirbt das Unternehmen „SKS Straßenbau“ aus Rellingen. Die Firma wurde 1967 gegründet und ist in ganz Norddeutschland tätig, und zwar vor allem für öffentliche Auftraggeber. In Hamburg war SKS unter anderem in den Bezirken Mitte, Altona, Eimsbüttel, Nord und Wandsbek tätig.
Der Tonndorfer Bauhof Rahlau gehört zum Bezirk Wandsbek und hier entschied Abschnittsleiter Christian T. (53), wer welche Straßenbauaufträge erhielt. Dabei soll er frech Forderungen gestellt haben. SKS-Boss Matthias K. (54) ging darauf ein. Deswegen wurde der Geschäftsführer am Mittwoch von der Großen Strafkammer 8 wegen Bestechung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldbuße in Höhe von 150.000 Euro verurteilt. Er war im Gegensatz zu Christian T. geständig.
Korruptions-Skandal in Hamburg: So lief der Deal ab
Und so lief der schmutzige Deal nach Auffassung der Richter ab: Christian T. erhielt von der Straßenbau-Firma eine firmeneigene Tankkarte. Die nutzte er ausgiebig: Sage und schreibe Sprit für 45.000 Euro bezahlte er mit der Karte. Offenbar tankte seine ganze Familie damit. Dazu flossen 30.000 Euro in bar. Deswegen wurde der Angeklagte am Mittwoch auch zur Rückzahlung von 75.300 Euro verurteilt.
Als Gegenleistung zeichnete der Beamte Rechnungen von SKS ab, obwohl er wusste, dass sie überhöht waren. Darunter waren auch Rechnungen für Straßenausbesserungen, die nicht von SKS, sondern von Bezirksamtsmitarbeitern durchführt worden waren. 2014 flog alles auf. Seitdem liefen die Ermittlungen. 2019 begann der Prozess, der dann durch diverse Anträge von Christian T.s Anwalt stark in die Länge gezogen wurde. Viel genutzt hat dem Hauptangeklagten die Taktik seines Verteidigers nicht. Christian T. verliert alle Pensionsansprüche, wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte. Folgerichtig hat T. jetzt die Seiten gewechselt, er arbeitet als Vertreter des Geschäftsführers einer Baufirma im Kreis Segeberg.
Chef des Bauhofs Rahlau hat jahrelang schamlos die Hand aufgehalten
Und auf den korrupten Beamten warten noch weitere Verfahren. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft liegen drei weitere Anklagen vor. Dem Ex-Bauhof-Leiter wird vorgeworfen, auch bei anderen Firmen dreist die Hand aufgehalten zu haben. Ein Unternehmen soll sogar kostenlos Arbeiten am Privathaus von Christian T. durchgeführt haben.
Am Mittwoch wurde auch einer seiner Mitarbeiter verurteilt. Ronald B. (55) erhielt ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung. Als einziger der drei Angeklagten nahm er im Gerichtssaal sein Recht auf das letzte Wort wahr, bat fast flehentlich um Gnade: „Die letzten sechs Jahre waren die schlimmsten meines Lebens, geprägt von Existenzangst und Zukunftsängsten. Ich bitte Sie, mir und meiner Familie eine Zukunft zu geben.”