Wie der MOPO-Erfinder zum Todfeind von Adolf Hitler wurde
Sie lesen hier einen Auszug aus dem schonungslos ehrlichen Buch „Morgen wird nicht gedruckt. Papier ist alle.“ (352 S., Junius) zum 75. Geburtstag der MOPO, Deutschlands ältester Boulevardzeitung.
Seinen Namen kennen heute nur noch Insider, zu seinen Lebzeiten aber genoss Heinrich Braune (1904-1990) weit über Hamburg hinaus hohes Ansehen. Er war nicht nur erster Chefredakteur der MOPO – ohne ihn hätte es das Blatt nie gegeben. Die erste Boulevardzeitung Deutschlands aus der Taufe zu heben, war seine Idee. Auf der Titelseite nicht, wie bis dahin üblich, dröge Politik, sondern stets das Erregendste, das Sensationellste – heute ein ganz selbstverständliches Prinzip, damals eine totale Innovation.
Als es am 16. September 1949 mit der MOPO losgeht, ist Heinrich Braune bereits 46 Jahre alt und blickt auf ein langes journalistisches Leben zurück. Der 1904 in Lüneburg geborene Mann, gehört seit 1922 der SPD an, hat in Hamburg Psychologie, Philosophie und Volkswirtschaft studiert und 1925 als Feuilletonredakteur beim SPD-Blatt „Hamburger Echo“ begonnen. Anfang 1932 wird er verantwortlicher Redakteur beim „Echo der Woche“ und sorgt in dieser Funktion für einen journalistischen Coup, der ihn in ganz Deutschland bekannt macht. Er legt sich mit Hitler an.
Braune veröffentlichte die Enthüllungsstory über Adolf Hitler 1932 im „Echo der Woche“
1932 ist das Jahr, in dem der Führer der NSDAP für das Amt des Reichspräsidenten kandidiert – erfolglos, wie wir heute wissen. Vor allem mit Geschichten über Hitlers heldenhaftes Verhalten an der Front im Ersten Weltkrieg versucht die NS-Propaganda zu punkten: Hitler habe auf einem seiner Meldegänge ganz alleine vier englische Soldaten entwaffnet. Ein anderes Mal habe er einem Vorgesetzten das Leben gerettet, indem er sich schützend vor ihn warf und eine Kugel abfing.
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Am 27. Februar 1932 enthüllt das „Echo der Woche“, dass das alles nur Märchen sind. Hitler sei alles andere als ein Held gewesen, er habe vielmehr alles daran gesetzt, nicht im Schützengraben, sondern als Meldegänger weit ab von der Frontlinie eingesetzt zu werden. „Kamerad Hitler“, so lautet der Titel von Braunes Artikel. Er stützt sich auf Aussagen etlicher ehemaliger Kriegskameraden des Nazi-Führers.
Nazis sperrten Braune ins KZ Fuhlsbüttel. 1949 gründete er die MOPO
Klar, dass Hitler vor Wut schäumt und sofort seine Anwälte in Stellung bringt und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Ein monatelanger Rechtsstreit beginnt. Aber die eigentliche Rache Hitlers folgt nach der NS-Machtübernahme im Januar 1933: Heinrich Braune wird festgenommen und im KZ Fuhlsbüttel täglich gefoltert.
Ein besonderes Jubiläumsbuch – ganz ohne langweilige Danksagungen: Zum 75. Geburtstag der „Hamburger Morgenpost“ zieht Deutschlands älteste Boulevardzeitung blank und erlaubt ehrliche Einblicke in das Innenleben der Redaktion – ungeschönt, nicht immer hübsch, manchmal ganz schön heftig. Aber auch voller Liebe, Energie und Respekt für das, was Menschen hier in 75 Jahren geleistet haben.
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Braune überlebt. Das KZ genauso wie den Einsatz an der Ostfront. Als er 1948 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft freikommt, entwickelt er das Konzept einer ganz neuen Art von Zeitung. Unabhängig soll sie sein, mit leidenschaftlichem politischem Engagement, ohne Scheuklappen, aber immer mit dem Finger da drückend, wo es schmerzt. „Zugleich eine schnelle Zeitung, in der der Leser noch den heißen Atem der Ereignisse spürt, eine Zeitung, die jeden Leser morgens als einen guten Freund begrüßt und als ein guter und zuverlässiger Freund geschätzt wird.“ Die MOPO. Sie wird ein riesiger Erfolg. Zu ihren besten Zeiten verkauft sie sich täglich 460.000 Mal.