René gegen den HVV

Hinz&Künztler René und Mareile Dedekind von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Foto: Dmitrij Leltschuk

Wie dieser Obdachlose das Bettelverbot im HVV zu Fall bringen will

René lebt auf der Straße und bettelt in Hamburgs U-Bahnen. Dafür kassiert er regelmäßig Bußgelder – zuletzt wieder im Januar: 40 Euro, weil er laut Hochbahnwache gegen die Beförderungsbedingungen verstoßen hat. Jetzt wehrt sich René. Mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zieht er vor Gericht – denn es geht um seine Grundrechte.

René kennt die Regeln – und die Konsequenzen. Immer wieder wurde er erwischt, manchmal landete er sogar im Gefängnis, weil er die Strafen nicht bezahlen konnte. Trotzdem macht er weiter. Denn: „Ich bin ein Bühnenmensch, ich brauche mein Publikum.“ In der Bahn könne er viele Menschen in kurzer Zeit erreichen. „Auf der Straße wollen die Leute nicht lange aufgehalten werden – in der Bahn sitzen sie und haben eh nichts zu tun“, sagt der Wohnungslose gegenüber „Hinz & Kunzt“.

HVV verhängt über 2300 Bußgelder – Kritik am harten Kurs

Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) geht seit einiger Zeit konsequenter gegen Bettler in den Zügen vor. Ein Verbot gibt es zwar schon lange, aber es wird jetzt schärfer durchgesetzt: Sicherheitspersonal greift häufiger ein, Durchsagen in den Zügen warnen regelmäßig. Die Bilanz laut „Hinz & Kunzt“ 2024: Mehr als 2300 Bußgelder allein wegen Bettelns.

Renés Anwältin Mareile Dedekind sieht darin einen klaren Verstoß gegen geltendes Recht. Sie beruft sich auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – und argumentiert, dass öffentliche Unternehmen wie HVV, Hochbahn und S-Bahn an die Grundrechte gebunden seien: „Der Staat kann nicht einfach sagen: ‚Da gelten die Grundrechte nicht‘.“

Auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2011 stützt Dedekinds Argumentation: „Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf.“

Jurist: Verbot wohl nicht mit Grundgesetz vereinbar

Recht gibt ihr der Verfassungsrechtler Felix Hanschmann von der Bucerius Law School. Der Professor erklärt: „Dass man im HVV das Betteln insgesamt verbietet, halte ich für grundrechtswidrig.“ Die GFF will notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

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René weiß, dass sein Verhalten nicht jedem gefällt. Doch für ihn geht es ums Überleben – und um Würde: „Was soll ich sonst tun? Soll ich stehlen gehen? Das will ich nicht, dann könnte ich nicht mehr in den Spiegel gucken.“ Von den Fahrgästen wünscht er sich zumindest ein Kopfschütteln – statt stummer Ignoranz. Seine Hoffnung: „Dass diese Diskriminierung endlich aufhört!“

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