Wie ein Tempel: Dieser Bau in Hamburg ist beeindruckend und einschüchternd
Neustadt –
Die Kuppel ist 52 Meter hoch und wer hier nach oben blickt, der wähnt sich in einem Tempel, einer fürstlichen Residenz oder gar dem Schloss eines Königs. Doch tatsächlich befinden wir uns im Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) am Sievekingplatz. Aber was genau treiben die 83 Richter hinter der einschüchternden Säulen-Fassade?
Ja, einschüchternd wirken sollte das Bauwerk sehr wohl. Schließlich wurde Hamburgs oberstes Gericht 1912 fertiggestellt, also zur Kaiserzeit und das war natürlich eine Zeit des Gehorsams und der Furcht vor Obrigkeiten.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg: Der Tempel der Gerechtigkeit
Und die Umsetzung ist architektonisch vollkommen gelungen. Obwohl das Strafjustizgebäude rechts und das Ziviljustizgebäude links viel größer als das OLG in der Mitte, ist es doch das Oberlandesgericht, das dominierend wirkt.
Überaus einschüchtert wirkt auch die Justitia über dem riesigen Portal. Die Dame ist mehr als drei Meter hoch und stützt sich mit der linken Hand aufs Schwert. Arthur Bock schuf die Statue, die übrigens keine Augenbinde trägt. In Hamburg wollte die Justiz eben genau hinschauen und dann urteilen.
Schön einschüchternd sind auch die beiden Sphinxe, die Justitia flankieren. Diese mystischen Wesen sollen der griechischen Sage nach Wanderern an schwer passierbaren Wegen aufgelauert haben. Haben. Dann legten sie diesen schwierige Rätselfragen vor. Wer richtig antwortete, der durfte weiter gehen.
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Aber wer die Lösung nicht fand, der wurde von den Sphinxen zerrissen oder in den Abgrund gestürzt. Übersetzt auf die Justiz bedeutet das: Bist du schuldig? Dann wirst du hart bestraft. Bist du unschuldig, verlässt du den Gerichtssaal als freier Mann.
Ganze vier im Vergleich zu dutzenden in den anderen Gerichtsgebäuden nebenan gibt es im OLG. Und hier gibt es noch eine Besonderheit. In den Sälen in den Ecken des Gebäudes müssen Anwälte an Stehpulten arbeiten. Und es gibt wenig Zuschauerplätze. Das liegt daran das hier vor allem Berufungsverfahren in Zivilsachen stattfinden. Als wir in Saal 224 vorbeischauten, stand auf der Gerichtsrolle ein Termin, bei dem ein Pharma-Konzern den anderen verklagt hat. Vermutlich ging es um die Markenrechte an einem Medikament. Dauernd Streit gibt es auch darüber, wer bei Kapitalanlagen für Verluste haftet. Oder die zerstrittene Familie Hagenbeck zerrt sich gegenseitig vor Gericht und ist mit den ersten Instanzen nicht einverstanden.
Die 15 Zivilsenate verhandeln 2100 Verfahren dieser Art jedes Jahr, darunter auch ganz schlichte Famiilensachen. Dazu kommen fünf Strafsenate, die es jährlich aber nur auf 220 Revisionen bringen. Ein Beispiel: Wenn ein Amtsrichter ein Urteil auf Basis eines Gutachtens fällt, was ein Anwalt anzweifelt, dann landet er in nächster Instanz vor dem OLG.
Wenn ihnen übrigens das Innere des Oberlandesgerichts irgendwie bekannt vorkommt, liegt das vermutlich am Fernsehen. Hier wird nämlich regelmäßig gedreht.