Nach MOPO-Anfrage 2017: NDR ignorierte offenbar Korruptionsverdacht
Der Hamburger NDR-Chefin wird vorgeworfen, Angehörigen durch ihre Stellung einen Vorteil verschafft zu haben. Dabei war dieser Verdacht dem NDR jahrelang bekannt – schließlich hatte die MOPO ihn schon 2017 damit konfrontiert. Doch jetzt legen NDR-interne Recherchen nahe: Viel passierte danach nicht.
Schwere Kritik an der Hamburger NDR-Direktorin Sabine Rossbach: Ihr wird von dem Online-Medium „Business Insider“ vorgeworfen, für die Berichterstattung über Kunden einer PR-Agentur gesorgt zu haben, die ihrer Tochter gehört. Rossbach weist die Vorwürfe zurück, sagt zur MOPO: „Im täglichen Austausch mit den Redaktionen des NDR leite ich häufig Themenangebote verschiedener Veranstalter und Agenturen an Mitarbeiter weiter, darunter auch vereinzelt Pressemitteilungen der Agentur meiner Tochter. Zu keinem Zeitpunkt habe ich Redaktionen aufgefordert, gegen journalistische Standards zu entscheiden. Sollte in der Redaktion der Eindruck entstanden sein, dass die Kunden meiner Tochter bevorzugt behandelt werden sollen, bedauere ich das.“
Kritik an Hamburger NDR-Chefin: MOPO konfrontierte den Sender
Die MOPO hatte schon 2017 in der Sache recherchiert – die Ergebnisse reichten für eine rechtssichere Berichterstattung damals aber nicht aus. Jetzt deuten interne E-Mails darauf hin, dass Rossbach sehr wohl Termine der PR-Agentur für die Berichterstattung empfahl. Über diese E-Mails hatte NDR Info berichtet. In dem Bericht hieß es zudem, dass Redaktionsmitglieder von „Hamburg Journal“ sie als klaren Auftrag verstanden hätten.
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Ein redaktionsübergreifendes NDR-Rechercheteam sagt jetzt außerdem: Auf die Anfrage der MOPO hin ist damals offenbar nicht viel passiert. Die MOPO hatte den Sender damit konfrontiert, dass sich NDR-Mitarbeiter an die MOPO gewandt und gesagt hatten, Rossbach verlange auffällig oft, dass über Firmen und Personen berichtet wird, die auch Kunden der PR-Agentur ihrer Tochter sind. Der NDR wies die Vorwürfe der MOPO gegenüber damals zurück.
NDR-Investigativteam legt nahe: Sender ließ Verdacht wohl auf sich beruhen
Und intern? Die persönliche Verbindung zwischen Rossbach und ihrer Tochter sei 2017 Inhalt von Gesprächen zwischen Rossbach und der damaligen Redaktionsleitung vom „Hamburg Journal“ gewesen, erklärte der Sender dem NDR-Rechercheteam. Wie danach verfahren wurde, sei derzeit Bestandteil einer Klärung.
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Denn mittlerweile lässt der NDR durch eine Anti-Korruptionsbeauftrage prüfen, wie die Themen ins NDR-Programm gelangten. Zudem wird dem Investigativteam zufolge geprüft, ob Rossbach gegen Korruptionstatbestände oder Compliance-Regeln des NDR verstoßen habe, weil sie einen möglichen Interessenkonflikt gegenüber ihren Mitarbeitern nicht ausdrücklich offengelegt oder transparent gemacht habe. (ncd)