• Das verwahrloste Treppenhaus eines Wohnhauses in Hamburg. Die Deutsche Post möchte das Gebäude nicht mehr betreten – aus hygienischen Gründen.
  • Foto: Florian Quandt

Wohn-Albtraum in Hamburg: In dieses Haus traut sich nicht mal die Post

Eilbek –

Vor den Eingängen der Wohnhäuser liegt ein Berg aus Müll und Schrott – auf einer Fläche, so groß wie fünf Parkplätze. Die Briefkästen im Hausflur sind eingedellt, verschmutzt oder aufgebrochen. Das Treppenhaus erinnert an Bahnhofstoiletten. Es wirkt wie eine Bruchbude, nicht wie ein bewohntes Mehrfamilienhaus im Zentrum von Hamburg. Schauplatz: Eilbek, Roßberg 33 und 35. 

„Das sind unzumutbare Zustände“, erzählt ein Bewohner, der anonym bleiben möchte, im Gespräch mit der MOPO. „Seit mehreren Monaten wird das Treppenhaus nicht mehr gereinigt.“ Es sei schrecklich. Die MOPO wagte einen Blick in das Schmuddel-Haus.

Auf dem Fußboden im Treppenhaus befinden sich Flecken von Erbrochenem. Die Wände sind beschmiert. In den Zugängen der defekten Fahrstühle türmen sich Schrott und Müll. Irgendjemand hat ihn dort abgeladen. 

Dort, wo einst der Zugang zu einem Fahrstuhl war, stapelt sich nun der Müll von den Anwohnern.

Dort, wo einst der Zugang zu einem Fahrstuhl war, häuft sich nun der Müll von den Anwohnern.

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Florian Quandt

Wohnhaus in Hamburg: Keine Post mehr für Bewohner

Die Zustände sind so furchtbar, dass sich Postboten mittlerweile weigern, die Häuser Roßberg 33 und 35 zu betreten. Im Hausflur hängt ein offizielles Schreiben der Deutschen Post: „Eine Überprüfung der Zustellsituation in Ihrem Haus ergab, dass der aktuell hygienische Zustand im Treppenhaus nicht mehr geeignet ist, unsere Mitarbeiter dort weiter einzusetzen.“ Ein Kontakt zur Hausverwaltung könne nicht hergestellt werden.

Auch Anwohner versuchen seit langem verzweifelt, einen Verantwortlichen telefonisch zu erreichen – doch die Nummer der Hausverwaltung existiert nicht. „Der Vermieter kassiert lediglich die Miete und das Haus lässt er verkommen“, so der Bewohner. „Das geht enorm auf die Psyche, wenn man ständig durch den Dreck laufen muss.“ 

Bewohner leiden unter der Wohnsituation

Die Miete für eine 22 Quadratmeter große Wohnung beträgt 285 Euro – das Badezimmer ist klein und hat keine Fenster. In der Küche und dem winzigen Wohnraum sind die Wände feucht und vergilbt. „Ich würde so gern renovieren und mich wohlfühlen, aber ich finde keine Motivation, es mir hier schön zu machen“, sagt der Bewohner. 

Der Mieterverein zu Hamburg weiß, was in dem Haus vorgeht. Der Verein hat ebenfalls schon versucht, Kontakt zum Vermieter aufzunehmen – vergeblich.

Paul-Hendrik Mann, Rechtsanwalt beim Mieterverein zu Hamburg, sagt, was Betroffene tun können, wenn der Vermieter das Haus verwahrlosen lässt:

Die Möglichkeiten der Mieter

„Zum einen können betroffene Personen eine Mietminderung vornehmen“, sagt Mann. Hierbei komme es insbesondere auf den Zustand der Wohnung an, aber auch auf den des Treppenhauses und der Flure. Natürlich gebe es keine Garantie dafür, dass der Vermieter auf die Mietminderung reagiert und die Schäden beseitigt.

Eine weitere Möglichkeit sei, die Behörden einzuschalten. Dann werde geprüft, ob es Sicherheitsbedenken gibt.

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Im Fall der Häuser am Roßberg läuft derzeit laut Bezirksamt Wandsbek ein Verfahren zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände. Dabei gehe es konkret um die Mängel am Gebäude, um den Müll im Außenbereich, um Missstände beim Abwasser, die bei Umbauarbeiten im Keller entstanden sind, sowie um einen abgesackten Boden. Die Behörde stehe in Kontakt mit dem Vermieter, so Jacob Löwenstrom, Pressesprecher des Bezirksamts Wandsbek. 

Wer trägt die Verantwortung?

Die MOPO sprach mit dem ehemaligen Eigentümer der Gebäude im Roßberg, Eduard Reidel. „Ich habe mir an diesem Gebäude die Zähne ausgebissen“, erklärt er. Er habe zahlreiche Anträge bei der Behörde in Wandsbek eingereicht, um den Zustand des Wohnhauses zu verbessern. Die Anträge seien jedoch immer wieder zurückgestellt worden. Reidel habe zwischenzeitlich geplant, auf dem Grundstück einen Neubau zu errichten.

Roßberg 33 und 35 – im Inneren verbirgt sich das Grauen.

Roßberg 33 und 35 – im Inneren verbirgt sich das Grauen.

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Florian Quandt

Laut der Behörde habe es tatsächlich damals einen Antrag für einen Neubau gegeben. Dieser sei aufgrund der sozialen Erhaltungsverordnung zurückgestellt worden, so das Bezirksamt Wandsbek. Für den Neubau hätte das Bestandsobjekt abgerissen werden müssen. Gleichzeitig habe sich laut Bezirksamt Wandsbek herausgestellt, dass die geplante Neubebauung aus planungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig gewesen sei.

Neubau gescheitert – damaliger Eigentümer schmiss hin

In dieser Gemengelage habe sich der damalige Eigentümer, Eduard Reidel, entschieden, eine Instandsetzung des Wohngebäudes zu verfolgen, um das Gebäude schließlich zu verkaufen. Warum nun acht Monate nach Erteilung der Genehmigungen für Instandsetzungen immer noch nichts umgesetzt wurde, lege in der Verantwortung des aktuellen Eigentümers. 

Laut Informationen der MOPO soll das die „HVV Roßberg Immobilien GmbH & Co. KG“ unter der Führung von Dennis R. sein. Die MOPO hat vergeblich versucht Kontakt aufzunehmen. Dabei stellte sich heraus, dass die Firmenanschrift auch gleichzeitig ein Privathaus ist – vor Ort war jedoch niemand anzutreffen. 

Horrorhaus in Hamburg: Lukratives Geschäft für Abzock-Vermieter

Bereits im Jahr 2010 waren die Wohnhäuser Roßberg 33 und 35 schon einmal Gegenstand von MOPO-Recherchen: Der damalige Eigentümer Thorsten K. quartierte Arbeitslose, Drogenabhängige und ehemalige Obdachlose in die Wohnungen ein – Leute, die kaum eine Wohnung finden, keine andere Wahl haben. Er manipulierte die Quadratmeterangaben und kassierte völlig überhöhte Mieten, die anstandslos von der Arge „team.arbeit.hamburg“ bezahlt wurden – bis die MOPO darüber berichtete. Schon damals waren die Wohnungen: feucht und verschimmelt, völlig heruntergekommen.

Der damalige Abzock-Vermieter musste schließlich für seinen Mietbetrug büßen. Er wurde im Jahr 2016 zu einer Haftstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. Insgesamt hatte die Stadt damals rund 450.000 Euro an zu viel gezahlter Miete eingeklagt. Es scheint, als hätte der Fluch des Horrorhauses in Eilbek bereits vor elf Jahren begonnen. 

Wohn-Albtraum in Hamburg: Hoffnung stirbt zuletzt

Für den leidgeplagten Bewohner kommt ein Umzug nicht in Frage. „Ich lebe nun seit sieben Jahren in Eilbek. Ich habe hier Freunde und ich liebe die Umgebung“, so der Bewohner. Da er sich aufgrund seiner Arbeitslosigkeit nicht gerade etwas aussuchen könne, stehen seine Chancen eher schlecht, in der Nähe etwas anderes zu finden. Ihm bleibt nur die Hoffnung, dass sich aufgrund des Drucks der Behörden doch noch etwas bessert am Zustand des Hauses. 

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