Wohnungswirtschaft: Klima und Wohnen nicht gegeneinander ausspielen
Die Wohnungswirtschaft warnt davor, das Tempo des Wohnungsbaus in Hamburg zugunsten des Klimaschutzes zu drosseln. Klimaschutz und bezahlbares Wohnen dürften „nicht gegeneinander ausgespielt, sondern müssen miteinander versöhnt werden”, sagte der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, am Sonntag.
Der Hamburger Klimabeirat fordert die Politik auf, nur die Hälfte der geplanten jährlichen 10.000 Neubauwohnungen in der Hansestadt zu errichten. Begründung: Laut der jüngsten Bevölkerungsprognose brauche Hamburg bis zum Jahr 2035 nur insgesamt 74.000 neue Wohnungen, also nur 5000 pro Jahr. Die Neubaustrategie müsse also überprüft werden, um weniger Flächen zu versiegeln und Ressourcen zu schonen, so die Klimaschützer.
Das sehen die norddeutschen Wohnungsunternehmen naturgemäß anders: „Jetzt den Neubau einzustellen, würde das bezahlbare Wohnen in Hamburg gefährden”, entgegnet Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen VNW.
Der Wohnungsmarkt in Deutschlands zweitgrößter Stadt sei „vollständig angespannt“. Die Anzeichen: Hamburger müssen mehr von ihrem Einkommen für die Miete aufbringen als der Durchschnittsdeutsche. Und: Während massenhaft Menschen auf der Suche sind, gibt es kaum Leerstand bei Wohnungen.
Der Forderung des Klimabeirates, Hamburg müsse stärker auf Sonnenenergie setzen, hält der VNW-Direktor die Situation in der Praxis entgegen: „Es gibt einen dramatischen Mangel an Fachkräften, die die Photovoltaikanlagen auf den Dächern installieren sollen.“
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Das Problem der wachsenden Flächenversiegelung sehen auch die Wohnungsunternehmen und haben Anfang November die Kooperation „UnternehmensNatur“ mit Umweltbehörde, Handelskammer und Nabu geschlossen. Die Idee: Unternehmen sollten Fördergeld bekommen, wenn sie Flächen im Wohnumfeld entsiegeln und in einen naturnahen Zustand bringen, etwa durch Grünflächen und Innenhöfe.
Statt weniger Wohnungen zu bauen, empfehlen die Wohnungsbauunternehmen den „Quartiersansatz“: Statt einzelne Gebäude für viel Geld immer effizienter zu sanieren, denkt man darüber nach, wie man das gesamte Quartier mit weitgehend CO2-neutraler Energie für Strom und Heizung versorgen kann. Die Saga und einzelne Genossenschaften machen das bereits. Andreas Breitner: „Weitere teure Maßnahmen am Gebäude werden uns nicht helfen, die Klimaschutzziele zu erreichen.“
Hamburgs wohnungspolitische Leitlinie ist das „Bündnis für Wohnen”, das Senat und Wohnungswirtschaft in diesem Jahr in dritter Auflage vereinbart hatten. Um ausreichend Wohnraum zu bezahlbaren Konditionen zu haben, sollen danach auch in den kommenden Jahren jährlich mindestens 10.000 neue Wohnungen genehmigt werden.
Der Klimabeirat des Hamburger Senats ist ein unabhängiges Expertengremium mit 15 stimmberechtigten Mitgliedern aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Der Rat soll den Senat bei der Umsetzung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes und des Hamburger Klimaplans beraten.