Zum Geburtstag viel Wettbewerb – „Otto“ wird 75
Aus Versandhändler „Otto“ ist in 75 Jahren ein Firmenimperium geworden. Kein Onlinehändler aus Deutschland ist größer. Doch Konkurrenten drängen auf den Markt – und setzen den Platzhirsch unter Druck.
Der Onlinehändler „Otto“ fordert die Politik auf, gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem E-Commerce-Markt herzustellen. Es gebe Anbieter auf neuen Marktplätzen, die sich nicht an grundlegende Regeln fairen Wettbewerbs hielten, sagte der Chef der „Otto“-Einzelgesellschaft, Marc Opelt. „Wir wünschen uns von der Politik und den Kontrollbehörden wie dem Zoll diese Geschäftsmodelle stärker in den Blick zu nehmen.“ Das Unternehmen „Otto“ wird im August 75 Jahre alt.
Hamburg: Versandhändler „Otto“ wird 75 Jahre alt
Gegründet wurde das Unternehmen als Versandhandel am 17. August 1949 von Werner Otto in Hamburg. Der Gründer Otto verstand, dass das Ende der Zwangswirtschaft nach dem Krieg den Konsum verändern sollte, und brachte einen Katalog auf den Markt. Das Geschäft florierte.
In den Folgejahren blieb das Unternehmen am Zeitgeist. Gründersohn Michael Otto bekannte sich als Firmenchef zum Umweltschutz und setzte auf das Internet. Als 1995 der Internetboom in Deutschland einsetzte, öffnete das Unternehmen einen Onlineshop.
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Inzwischen beschäftigt das Firmenimperium „Otto Group“ mehr als 38.000 Mitarbeiter, wie es im Geschäftsbericht heißt. In mehr als 30 Ländern sind 25 wesentliche Gesellschaften des Konzerns tätig. Darunter sind der Logistiker „Hermes“, der Online-Modehändler „About You“, die US-Möbelkette „Crate and Barrel“, das Modeunternehmen „Bonprix“ und die Warenhäuser von „Manufactum“. Im zurückliegenden Geschäftsjahr erzielte die Gruppe einen Umsatz von 15 Milliarden Euro, und verbuchte einen Verlust von 426 Millionen Euro.
Wichtigste Tochter der Gruppe ist die Einzelgesellschaft, die otto.de betreibt. Auf der Plattform verkauft das Unternehmen T-Shirts, veräußert Waschmaschinen und bietet Teppiche an. Zudem verdient „Otto“ Geld mit Händlern, die die Reichweite des Marktplatzes nutzen. Mit rund 42 Millionen Besuchen war otto.de im Februar der am zweithäufigsten besuchte Onlineshop in Deutschland, wie das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln herausgefunden hat. An der Spitze lag amazon.de mit etwa 310 Millionen Besuchen.
Verbraucher in Deutschland: Neue Lust am Sparen
Der gesamte Onlinehandel in Deutschland erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von geschätzt 85 Milliarden Euro, ein Prozent mehr als im Vorjahr. Für dieses Jahr rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) mit einem Plus von 3,4 Prozent. Vergleichsweise besser lief das Geschäft während der Corona-Pandemie, als Otto satte Gewinne erzielte.
Inzwischen hält bei den Verbrauchern die Sparneigung an, wie ein Konsumbarometer des HDE belegt. Opelt sagt, Verbraucher gäben inzwischen durchschnittlich weniger Geld je Bestellung aus. Aber nicht allein das ist für das Unternehmen eine Herausforderung.
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Konkurrenten mit Verbindung nach China setzen „Otto“ zunehmend unter Druck. 91 Prozent der Verbraucher kennen inzwischen Marktplätze mit asiatischen Waren wie „Temu“, „Shein“ und „Wish“, wie eine Umfrage des IFH belegt. 43 Prozent nutzen sie. Die Werte liegen jeweils mehr als zehn Prozentpunkte höher als vor einem Jahr.
Vor allem „Temu“, dessen Mutter „PDD Holdings“ inzwischen in Irland sitzt, ist stark gewachsen. Im Februar verzeichnete temu.com in Deutschland rund 29 Millionen Besuche und lag hinter „Otto“ auf Platz drei. „Shein“ hat seinen Sitz mittlerweile in Singapur.
Onlinehandel in Deutschland: Der Wettbewerb wird härter
Laut einer im Juli veröffentlichten Schätzung des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren kauften die Deutschen im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Modeartikel und Schuhe bei Anbietern wie „Shein“ und „Temu“. Die Anbieter nutzen vor allem Luftfracht. Produkte werden direkt vom Hersteller zum Kunden gebracht, was die Kosten senkt.
Nach Bewertung des IFH-Geschäftsführers Kai Hudetz verschärft sich der Onlinewettbewerb. „Im Zuge der Inflation der letzten beiden Jahre werden günstige Preise immer mehr zum Verkaufsargument“, sagte Hudetz. Neue Anbieter mit Waren aus Asien wie Temu und Shein profilierten sich hierbei. Jeder Zweite gebe in Umfragen an, dort Produkte zu kaufen, die er oder sie sich sonst nicht leisten könne. „Diese Entwicklung setzt die etablierten Anbieter hierzulande unter Druck.“
Onlinehandel: Handelsverband beklagt „Wildwuchs“
Der HDE äußert sich besorgt. Fairer Wettbewerb sei für die Entwicklung des Onlinehandels wichtig, sagt Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. „Das ist vor allem im Konkurrenzkampf mit fernöstlichen Unternehmen wie Temu und Shein im Moment nicht gegeben.“ Ein Teil der Waren halte EU-Vorgaben zu Produktsicherheit, Umweltschutz und Steuerrecht nicht ein. Es entstünden Gefahren für Verbraucher und Wettbewerbsverzerrungen.
Genth fordert Bundesregierung und EU zum Handeln auf: „Wildwuchs und Wild-West im Onlinehandel müssen beendet werden.“ „Temu“ teilt auf Anfrage mit, es sei selbstverständlich, dass man Gesetze und Vorschriften einhalte.
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In einer Stellungnahme äußert die „Otto Group“ auch Anerkennung für die neue Konkurrenz. Diese sei technologisch sehr weit, beispielsweise bei KI, nutzte Gamification und sei schnell. Von den Wettbewerbern könne man lernen. „Und das tun wir.“