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Zwei Experten, zwei Meinungen: Dürfen wir überhaupt noch fliegen?

Dass Flugzeuge sehr viel CO₂ ausstoßen, ist unbestritten. Klimaschützer rufen deshalb dazu auf, aufs Fliegen zu verzichten  – so wie Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus und Mobilität an der Universität Lund in Schweden. Das setzt die Luftfahrtindustrie unter Druck. Die Branche muss reagieren – wie der Beitrag von Ulf Weber, Geschäftsführer von Hamburg Aviation, zeigt.

Prof. Stefan Gössling, Universität Lund in Schweden: 

Als Wissenschaftler bin ich immer wieder erstaunt, wie viel wir über Klimawandel reden und wie wenig sich der Einzelne verantwortlich fühlt, auch entsprechend zu handeln. Ist das ein systemisches Problem? Ja, sagt die Forschung.

Stefan Gössling

Professor Stefan Gössling, Universität Lund.

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Stefan Gössling

Es gibt einen sogenannten „Konsumentenbürger“-Konflikt. Als Konsument sind viele Menschen kaum bereit, anders zu handeln. Als Bürger ist man aber durchaus gewillt, für Politik zu stimmen, die dann alle zwingt, ihr Verhalten zu ändern. Nur: So eine Politik haben wir in Deutschland nicht. Das Resultat? Das Land steht in der Klimafrage still.

Pünktlich zur Wahl entdecken zwar einige regierende Politiker wieder grüne Notwendigkeiten, aber es lässt sich bereits absehen, dass Klimaschutz niemandem wehtun darf. Vielleicht ist es gerade aus diesem Grund wichtig, über die Superemittenten zu sprechen. Ein kurzes Rechenbeispiel: In Deutschland emittieren wir durchschnittlich rund neun Tonnen CO₂ pro Jahr. Viele Deutsche verursachen weniger, eine kleine Gruppe aber sehr viel mehr. Der Hauptgrund dafür sind Flugreisen.

Schon eine einzige Flugreise kann die Klimawirkung von mehr als neun Tonnen CO₂  haben. Vielflieger emittieren in manchen Fällen Zigtausende von Tonnen im Jahr. Dabei fliegt (glücklicherweise) nur ein Drittel der Deutschen überhaupt, insbesondere die sehr wohlhabende Bevölkerungsschicht.

Es ist also sehr relevant, wie wir auf diese Gruppe und das Fliegen an sich schauen. Unsere Forschung zeigt, dass sich immer mehr Menschen über die Rolle des Fliegens bewusst sind und eine große Mehrheit der Bevölkerung sich für politische Maßnahmen zur Eindämmung der Flugverkehrsemissionen ausspricht. 78 Prozent der Deutschen wünschen sich beispielsweise, dass die Bundesregierung über die Klimawirkungen des Flugverkehrs informiert, und 75 Prozent, dass die Gesamtemissionen aus dem deutschen Flugverkehr durch politische Maßnahmen um fünf Prozent pro Jahr reduziert werden.

Da die Corona-Krise auch deutlich gemacht hat, dass wir mit viel weniger Flugreisen auskommen können, wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt, um politisch zu agieren. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, den Überkonsum einer kleinen Bevölkerungsschicht zu subventionieren.

Ulf Weber, Hamburg Aviation:

Die Luftfahrtindustrie steht vor dem größten Umbruch ihrer Geschichte: Nach „schneller, höher, weiter“ und „billiger“ kommt „grüner“. Das hat Hamburg als drittgrößter ziviler Luftfahrtstandort der Welt mit Arbeitgebern wie Airbus, Lufthansa Technik und dem Hamburg Airport verstanden und wird sich weithin sichtbar an der Gestaltung der Zukunft des Luftverkehrs beteiligen.

Ulf Weber

Ulf Weber, Geschäftsführer Hamburg Aviation.

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Daniel Reinhardt/hfr

50 Prozent der globalen CO₂-Emissionen will die EU bis 2030 einsparen, da ist auch die Luftfahrt gefragt. So könnten beispielsweise zukünftig Brennstoffzellen, entwickelt in Hamburg, zum Antrieb oder der Stromversorgung des Flugzeugs zum Einsatz kommen. Gerade wenn es um eine umweltfreundlich betriebene Flugzeugkabine geht, kommt Hamburg zum Zug, da wir der weltweit führende Standort für Flugzeugkabinen sind – von der angewandten Forschung im ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung über die Entwicklung bei Airbus oder die Zulieferung durch Unternehmen wie Diehl und zahlreiche Mittelständler.

Schaut man auf den Hamburger Flughafen, wird grünes Fliegen schon richtig greifbar: Auf dem Vorfeld fahren Flugzeugtreppen mit Solarkraft, Schlepper mit Erdgas oder Wasserstoff und der Einsatz von synthetischem Kerosin zum Betanken der Flugzeuge sind geplant. Zum „New Normal“ gehören auch Konzepte aus Hamburg rund um Urban Air Mobility, die die Logistik auf den Straßen entlasten und sogar uns selbst perspektivisch klimafreundlich von A nach B bringen soll. Die Reise zum „grünen“ Fliegen steht also an und Hamburg befindet sich sozusagen schon im Boarding-Prozess.

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