"Gorch Fock" verlässt Lürssen-Werft
  • Die „Gorch Fock“ verließ die Bremer Lürssen-Werft am Mittwoch für eine zweitägige Probefahrt.
  • Foto: picture alliance/dpa | Markus Hibbeler

Katastrophen-Kahn „Gorch Fock“: Testfahrt endet peinlich!

Fast hätten schlechte Planung, explodierende Kosten und krumme Geschäfte die „Gorch Fock“ versenkt. Doch die Marine hängt an ihrem Segelschulschiff. Zwar ist es nun wie neu und schwimmt, ein Defekt ließ das Schiff bei einer Probefahrt aber nicht weit kommen.

Das Marineschulschiff „Gorch Fock“ ist nach fast sechs Jahren Generalüberholung erstmals wieder aus eigener Kraft auf Fahrt gegangen. Der Großsegler der Bundeswehr legte am Mittwoch bei der Bremer Lürssen-Werft ab.

Sanierte „Gorch Fock“ verlässt Werft – Defekt bei Probefahrt

Die eigentlich für zwei Tage geplante Probefahrt auf der Weser und der Nordsee musste die „Gorch Fock“ allerdings wegen eines technisches Defekts vorzeitig beenden. Eigentlich sollte das Schiff erst am Donnerstag nach Wilhelmshaven kommen, um am dortigen Marinearsenal mit der Endausrüstung ausgestattet zu werden. Da sich der Schaden aber unterwegs auf See nicht beheben ließ, steuerte die „Gorch Fock“ schon am Mittwochabend den Hafen der Jadestadt an, wie die Lürssen-Werft am Abend mitteilte.

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Kurz nach der Abfahrt musste die „Gorch Fock“ von Schleppern in Schlepp genommen werden. Die Besatzung hatte ein defektes Regelventil entdeckt, das für die Frischwasserversorgung des Antriebsdieselmotors sorgt. Um das Ventil während der Probefahrt zu wechseln, wurde die Maschine vorerst gestoppt und die begleitenden Schlepper übernahmen. „Werftprobefahrten wie die heutige dienen dazu, die Technik und das notwendige Zusammenspiel einzelner Bordkomponenten unter realen Bedingungen zu testen, Fehlerursachen zu lokalisieren und im Nachgang zu beheben“, teilte ein Werftsprecher mit.

Zunächst war geplant, die Fahrt nach der Reparatur aus eigener Kraft fortzusetzen. Noch am Mittwochabend stellte sich aber heraus, dass das Ventil nicht während der Fahrt ausgetauscht werden konnte. Die „Gorch Fock“ sollte daher im Lauf der Abendstunden, abhängig vom Tidenhub, in Wilhelmshaven einlaufen. Dort werde das defekte Bauteil dann im Rahmen der ohnehin geplanten Endausrüstung ausgetauscht werden, teilte der Werftsprecher mit.

Am 30. September soll die Bundeswehr den Dreimaster offiziell zurückerhalten. In seinen Heimathafen Kiel soll das Schiff am 4. Oktober zurückkehren.

„Gorch Fock“-Comeback: Zunächst war die Freude groß

Zunächst war die Freude über das Auslaufen aus eigener Kraft bei den Beteiligten groß: „Wir sind unglaublich stolz darauf, dieses besondere Schiff nun auf die Zielgerade gebracht zu haben und in wenigen Wochen unserem Kunden zu übergeben“, sagte Lürssen-Geschäftsführer Tim Wagner. Auf beiden Weser-Ufern verfolgten Schaulustige die erste Fahrt des 63 Jahre alten Schiffes. „Wir freuen uns auf die erste Seefahrt im Rahmen der Werftprobefahrt und die ersten richtigen Eindrücke auf dem `neuen´ Schiff“, sagte Kapitän Nils Brandt.

Enorme Kosten-Explosion bei der Sanierung

In der teuren und verwickelten Geschichte der Sanierung seit Dezember 2015 ist die Lürssen-Werft der zweite Hauptauftragnehmer. Sie arbeitet seit Oktober 2019 an dem Schiff, auf dem die Marine ihren Offiziersnachwuchs ausbildet. Der erste Auftragnehmer, die Elsflether Werft, hatte Insolvenz anmelden müssen. Unter ihrer Regie war es zu den enormen Kostensprüngen gekommen, von geplant 10 Millionen auf 135 Millionen Euro.

Der Bundesrechnungshof warf der Marine eine schlechte Vorbereitung der Sanierung vor. Zeitweise brachte der Problemfall „Gorch Fock“ auch die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Bedrängnis. Die Führung der Elsflether Werft ging außerdem undurchsichtigen Nebengeschäften nach. Geld der Marine verschwand. Damit beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft Osnabrück. Ein Ende der Ermittlungen sei noch nicht abzusehen, sagte ein Sprecher.

„Gorch Fock“: Instandsetzung „unter schwierigen Vorzeichen“

Auch bei Lürssen stand die Instandsetzung „unter schwierigen Vorzeichen“, wie Geschäftsführer Wagner sagte. Bauunterlagen waren unvollständig, an den Schiffbauarbeiten bis dahin musste viel abgeändert werden. „Heute blicken wir auf ein Schiff mit neuen Masten und Rahen, einem komplett neuen Rohrsystem, neuer Isolierung und neuem Innen- und Außenanstrich“, sagte Projektleiter Sascha Eilers.

100 Kilometer Kabel wurden gezogen, Antriebsanlage und Generatoren wurden instandgesetzt, die Inneneinrichtung ist größtenteils neu. (dpa/mp)

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