Fynn Kliemann bricht sein Schweigen: „Hab‘ so viel Scheiße gebaut“
Man sieht ihm an, dass die vergangenen Tage heftig waren. „Zwei Wochen lang hab‘ ich gelernt, dass ich so viel lernen muss“, sagt Fynn Kliemann in einem Instagram-Video, das er am Freitagabend veröffentlichte. Er entschuldigt sich mehrfach, zählt Fehler auf, zeigt Reue – und sagt, was er zukünftig an seinen Geschäften ändern will.
Der 6. Mai hat das Leben des YouTube-Stars und Influencers verändert: Jan Böhmermann machte im „ZDF Magazin Royale“ dubiose Maskengeschäfte und unübersichtliche Spendensammlungen öffentlich, in die Kliemann involviert war. Seitdem kamen ständig weitere Details ans Licht, Kliemann suchte erst die Flucht nach vorn und zog sich dann komplett zurück.
Mehr als zwei Wochen lang äußerte er sich nicht, jetzt meldete sich der 34-Jährige zu Wort, veröffentlicht einen langen Text auf seiner Website und ein sechsminütiges Instagram-Video. Es ist eine Entschuldigung – und der Versuch einer Klarstellung.
Fynn Kliemann zeigt Reue: „Hier wird der Richtige kritisiert“
Gleich zu Beginn sagt Kliemann offen: „Hier wird der Richtige kritisiert. Ich habe mich als größten Maskenproduzenten feiern lassen, obwohl ich keiner war.“ Denn, so seine Aussage: An „Global Tactics“, die die Corona-Schutzmasken und andere Textilien produzierten, die in Kliemanns Shop verkauft wurden, sei er nie beteiligt gewesen. Er hatte offensiv damit geworben, nach Ausbruch der Pandemie 2020 binnen weniger Wochen zu einem der größten Masken-Produzenten Europas geworden zu sein – ein Fehler, wie Kliemann heute sagt. Denn: Einige Masken wurden nicht wie deklariert in Portugal hergestellt, sondern für Niedriglöhne in Bangladesch und Vietnam. Kliemann: „Das war nicht meine Produktion, das waren nicht meine Masken, aber ich hab’s gewusst.“
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In seinem Shop, auch das stellt er klar, habe er aber nur tatsächlich in Portugal gefertigte Masken verkauft. Jene von Zwischenhändlern in Asien gingen etwa an den Hamburger Großkunden „About You“, brachte das „ZDF Magazin Royale“ ans Licht. Auch von den 100.000 teils unbrauchbaren Masken aus einer ersten Produktion in Bangladesch, die an Flüchtlingscamps gespendet wurden, wusste Kliemann offenbar nicht in dem Umfang, wie zunächst vermutet wurde.
Warum warb er so offensiv mit der Maskenproduktion und auch mit der Spende an Camps, obwohl er gar nicht so sehr involviert war? Kliemann ging es um Beliebheit, wie er selbst sagt. „Es hat sich gut angefühlt von euch gemocht zu werden und die Wahrheit ist, dass ich mehr davon haben wollte. Ist vielleicht peinlich, aber ich wollte krasser sein als ich bin.“
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Das habe ihn dazu gebracht, vieles auszublenden. „Ich hab‘ so viel Scheiße gebaut und dann einfach versagt als dieser Typ, der ich niemals sein wollte: ein Unternehmer. Und das tut mir leid, das tut mir wirklich leid und ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.“
Mittlerweile hat er alle Geschäftsvorgänge von einer Wirtschaftsprüferin überprüfen lassen: 282.000 Euro habe er an den Masken verdient, die in seinem Shop verkauft wurden, das lässt sich im Post auf seiner Website nachvollziehen. Das Geld wolle er spenden, sagt Kliemann: an NGOs für Geflüchtete und solche, die sich für Gerechtigkeit in der Textilindustrie einsetzen.
Fynn Kliemann: „Ich bin kein Betrüger“
Seine Beziehungen zu „Global Tactics“-Gründer Tom Illbruck – private wie wirtschaftliche – habe er abgebrochen oder sei dabei, diese abzuwickeln. Außerdem wolle er einen Beirat gründen, der für seine Unternehmen eine Satzung festlegt, an die sich alle halten müssen. Kliemann: „Ich räum jetzt alles auf: Ich bau mich und alles um mich herum so auf, dass sowas nie wieder passieren kann.“
Was ihn besonders ärgert: dass er im Kopf vieler Menschen nun einen Stempel abbekommen habe. „Ich bin für die jetzt ein Typ und für die werde ich das immer sein: dieser Typ“, sagt Kliemann, dem man die Reue in den sechs Minuten abnimmt. „Ich bin manchmal übereifrig und vielleicht ein scheiß Unternehmer, aber ich bin kein Betrüger.“ (tdo)