• Ehrenamtliche Einsatzkräfte der Feuerwehr werden unweit der Aller mit einem Radlader über eine überflutete Straße gefahren.
  • Foto: picture alliance/dpa/Philipp Schulze

Hochwasserlage bleibt angespannt – Evakuierung an der Aller

Viel Regen soll es laut Deutschem Wetterdienst vorerst in Niedersachsen nicht mehr geben – doch die Hochwasserlage bleibt kritisch. In mehreren Landkreisen gilt Katastrophen-Voralarm.

Gesperrte Straßen und Bahnstrecken und Wassermengen, die aus den vollen Talsperren fließen: Die Hochwasserlage in Niedersachsen bleibt weiterhin sehr angespannt und verschärft sich lokal. Das geht aus der Vorhersage des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von Mittwochmittag hervor. Insgesamt meldeten 71 von 97 Pegeln in Niedersachsen Hochwasser, davon 40 die höchste Meldestufe 3.

Winsen: 300 Menschen müssen Wohnungen verlassen

Kritisch war die Situation demnach insbesondere im Süden an der Weser sowie in den Einzugsgebieten von Aller, Leine und Oker. In der Gemeinde Winsen an der Aller mussten am Mittwochabend rund 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Siedlungen Westohe und Südohe würden evakuiert, teilte der Landkreis Celle mit. Der Wasserstand auf den Straßen sei dort auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, aus Sicherheitsgründen sei daher der Strom abgestellt worden. Als Notunterkunft wurde die Allertalsporthalle in Winsen eingerichtet.

Feuerwehrsprecher: „Die Deiche weichen langsam auf“

In einigen Orten im Landkreis Verden herrschte aufgrund des Aller-Hochwassers weiterhin eine bedrohliche Lage. „Die Deiche weichen langsam auf“, sagte ein Feuerwehrsprecher am frühen Donnerstagmorgen in Langwedel. Allerdings rechne man damit, dass der Anstieg der Pegelstände wohl zeitnah stagnieren werde. Die Feuerwehr sei mit mehreren Hochdruckpumpen im Einsatz, um die Ortschaften zu schützen. Ursprünglich angedachte Evakuierungen mussten nach Angaben des Sprechers nicht stattfinden.

Das könnte Sie auch interessieren: Hochwasserlage im Norden: So ist die derzeitige Lage

Ein 75 Jahre alter Fahrradfahrer ist in Hannover aus dem Hochwassergebiet der Leine gerettet worden. Der Mann habe am Mittwochmittag trotz des Hochwassers die abgesperrte Brückstraße im Stadtteil Döhren befahren, teilte die Feuerwehr am Abend mit. Er sei vom Rad gefallen und etwa 20 Meter in einen angrenzenden Wald abgetrieben worden. Schließlich habe er sich an einem Ast festgehalten und mit seinem Handy die Regionalleitstelle angerufen. Der 75-Jährige konnte erst mit der Hilfe von zwei Drohnen lokalisiert werden. Spezialkräfte der Wasserrettung befreiten ihn.

Katastrophen-Voralarm, um schneller reagieren zu können

Im Landkreis Heidekreis ist am Mittwochabend der Katastrophen-Voralarm ausgelöst worden. Hintergrund sei die angespannte Hochwasserlage in den Samtgemeinden Ahlden, Rethem und Schwarmstedt, teilte die Kreisverwaltung mit. Derzeit sei diese noch beherrschbar. Obwohl an der Oker- und der Innerstetalsperre Wasser abgelassen werde, sei eine Verschlimmerung der Hochwassersituation in den Flüssen Innerste und Oker nicht zu erwarten. Allerdings würden die Wasserstände in den Unterläufen von Aller, Leine und Oker weiterhin steigen, hieß es weiter. Es bestehe die Möglichkeit, dass ein Katastrophenfall eintrete.

Katastrophenalarm wurde bisher in keinem niedersächsischen Landkreis ausgelöst, allerdings stellten auch die Landkreise Celle, Emsland, Hildesheim und Osterholz eine Vorstufe fest. „Das nennt sich ein außergewöhnliches Ereignis“, sagte der Landesbranddirektor. Die Landkreise hätten dann unter anderem einen einfacheren Zugriff auf Hilfskräfte. Besonders betroffen sei die Stadt Sarstedt im Landkreis Hildesheim, wo die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen.

Im Landkreis Osterholz liegt Lilienthal, wo nach Angaben der örtlichen Feuerwehr am Mittwochnachmittag ein Deich riss. Der betroffene Bereich werde von den Einsatzkräften evakuiert, teilte die Feuerwehr über Facebook mit. In der Nacht zum Samstag wurden weitere Straßen evakuiert. Wie viele Menschen davon betroffen waren, war zunächst nicht bekannt. Aktuell könne nicht abgeschätzt werden, ob die durchgeführten Maßnahmen an einem durchweichten Deich eine dauerhafte Stabilität gewährleisten, hieß es in einer Gefahreninformation der Feuerwehr. Die Anwohner würden mit einem Shuttleservice in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden. Lilienthal grenzt an Bremen.

Hochwasser: So ist die Lage im Harz

Wegen der heftigen Regenfälle im Harz wird seit der Nacht auf Dienstag aus der Okertalsperre und Innerstetalsperre mehr Wasser als üblich abgelassen. Sind die Talsperren komplett gefüllt, öffnen sich die sogenannten Notüberläufe automatisch. In Braunschweig verschärfte sich die Lage trotz des erhöhten Wasserzustroms in die Oker nicht. «Die Hochwasserlage in Braunschweig hat sich stabilisiert», sagte ein Stadtsprecher.

Die Bahnverbindung zwischen Oldenburg und Osnabrück ist wegen des Hochwassers eingeschränkt. Probleme gebe es auch wegen umgefallener Bäume, sagte ein Sprecher der Bahn.

Einsatzkräfte der Feuerwehr aus dem Rheinland unterstützen Ortschaften in Niedersachsen beim Hochwasserschutz. Derzeit seien Helfer der Feuerwehr Bonn mit einem mobilen Hochwasserschutzsystem auf dem Weg in die Samtgemeinde Flotwedel im Landkreis Celle, teilte die Feuerwehr am Mittwoch in Bonn mit. In der Gemeinde sollten Ortschaften an der Aller wegen anhaltend hoher Pegelstände geschützt werden. Das mobile Hochwasserschutzsystem funktioniert wie ein künstlicher Deich. (dpa/mp)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp