Aktionsplan: So soll die Ostsee künftig besser geschützt werden
Nach dem öffentlichen Streit die Einigung: Es wird keinen Nationalpark Ostsee in Schleswig-Holstein geben. Dafür sollen neue Schutzgebiete zu einem besseren Zustand des Meeres beitragen.
Schleswig-Holstein will einen deutlich größeren Beitrag als bisher zum Schutz der Ostsee leisten. Ein Nationalpark Ostsee wird dazu allerdings nicht eingerichtet. Stattdessen beschloss die schwarz-grüne Landesregierung am Dienstag nach einer monatelangen und zum Teil scharf geführten öffentlichen Auseinandersetzung einen Aktionsplan Ostseeschutz 2030 mit neuen Schutzgebieten.
Künftig sollen 12,5 Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee und damit deutlich mehr als bisher unter strengem Schutz stehen, wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) betonten.
Günther: „Zustand der Ostsee ist nicht gut“
Das sei der größte Fortschritt beim Schutz der Ostsee in der Geschichte des Landes, betonte der Umweltminister. Er äußerte sich ebenso zufrieden über die Einigung wie der Ministerpräsident. „Wir alle wissen, dass der Zustand der Ostsee aktuell nicht gut ist und wir handeln müssen“, sagte Günther.
Auf die Landwirte im Einzugsgebiet der Ostsee kommen nun Einschränkungen zu. Sie sollen die Einträge von Stickstoff und Phosphat bis zum Jahr 2030 um zehn Prozent und bis 2035 um 20 Prozent im Vergleich zu heute reduzieren. Der schlechte ökologische Zustand der Ostsee ist zum Teil auf zu hohe Nährstoffeinträge vor allem aus der Landwirtschaft zurückzuführen. Das Meer leidet in der Folge unter Sauerstoffmangel.
Neue Schutzgebiete in der Ostsee
Die neuen Schutzgebiete umfassen knapp acht Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee. Sie sollen westlich der Insel Fehmarn, in der südlichen Hohwachter Bucht und zwischen der Schleimündung und Gelting eingerichtet werden. Die bisherigen Natura2000-Flächen mit 4,5 Prozent der Ostseefläche erhalten einen strengeren Schutzstatus. Sie liegen bei der Sagasbank südlich von Fehmarn, beim Stoller Grund östlich der Eckernförder Bucht und in der Geltinger Bucht. „Der Aktionsplan Ostseeschutz ist ein Programm für eine lebendige Meeresnatur. Davon werden wir alle profitieren“, sagte Goldschmidt.
In den ausgewiesenen Gebiete sollen Rückzugs- und Ruheräume für Tiere und Pflanzen entstehen. Baden, Schwimmen, Tauchen und die Nutzung der Strände einschließlich Strandangeln bleiben erlaubt. Die Fischerei wird verboten. In den drei neuen Naturschutzgebieten soll das Befahren von Vogelrast-Gebieten von November bis März mit Wasserfahrzeugen und Wassersportgeräten außerhalb bestimmter Zonen ausgeschlossen werden. Auch Segeln, Kiten und Surfen ist den Angaben zufolge dann nur in bestimmten Zonen möglich.
Neue Riffe, Seegraswiesen und Muschelbänke
Eine „Integrierte Station Ostsee“ soll sich um die Naturschutzarbeit in den Meeresschutzgebieten kümmern und Tourismus, Umweltbildung und Umweltschutz miteinander verknüpfen. Geplant sind nach Angaben der Landesregierung auch aktive Eingriffe wie das Anlegen von Riffen, Seegraswiesen und Muschelbänken. Auch sollen Küstenlagunen wiederhergestellt werden. Ein wichtiges Anliegen sei die Bergung der Munitionsaltlasten aus der Ostsee.
Günther betonte die vielfältigen Nutzungsinteressen an der Ostsee. Dazu gehörten Fischerei, Schifffahrt, Küstenschutz, Tourismus, Sport und Erholung. Diese wirkten sich erheblich auf das Meer aus und seien zumindest teilweise von einem intakten Ökosystem abhängig. „Das gilt es in Einklang zu bringen, und ich bin sicher, dass uns das mit dem Aktionsplan Ostseeschutz 2030 gelingen wird.“
Vom Bundeswirtschaftsminister und früheren schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck (Grüne) gab es Lob für die Entscheidung: „Ein starkes Zeichen der Landesregierung für mehr Ostseeschutz.“
Opposition in Sorge vor Nationalpark
Kritik an dem Beschluss kam von der FDP und SPD. „Meine Sorge ist, dass das der erste Schritt in Richtung Nationalpark ist“, sagte Fraktionschef Christopher Vogt. „Das ist nur der Anfang und nicht das Ende der Geschichte.“
Die SPD-Umweltpolitikerin Sandra Redmann kritisierte, die jetzt vorliegenden Ergebnisse blieben hinter den Erwartungen zurück. Ob es sich dabei überhaupt um ein wirksames Mittel handele, werde sich erst zeigen. „Der Aktionsplan ist ein loses Paket an Ankündigungen und Zielvereinbarungen, deren Umsetzung offenbleibt. Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige!“
Zufrieden zeigte sich hingegen die CDU-Fraktion. „Wir finden das Ergebnis gut“, sagte die Umweltpolitikerin Cornelia Schmachtenberg. Der Konsultationsprozess sei im Nachhinein der richtige Weg gewesen. Der Aktionsplan umfasse wirksamere Maßnahmen zum Ostseeschutz als ein Nationalpark. Zur Ausgestaltung der geplanten Schutzgebiete soll es eine Anhörung geben: „Es ist noch nicht in Stein gemeißelt“, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch.
Naturschutzverbände sind enttäuscht
Die Grünen-Landesvorsitzende Anke Erdmann hätte lieber eine größere Lösung gesehen. „Gerne hätten wir einen zweiten Nationalpark in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht, denn der steht für großräumigen Schutz, hohe Aufmerksamkeit und gilt als Tourismusmagnet.“ Die CDU habe diese Option aber noch vor Ende des Konsultationsprozesses im letzten Herbst vom Tisch genommen.
Für den SSW mahnte der Abgeordnete Christian Dirschauer, jetzt müssten Taten folgen. Wie ernst es die Landesregierung tatsächlich meine, würden die nächsten Jahre zeigen. Aus Sicht der SPD-Umweltpolitikerin Sandra Redmann bleiben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Die öffentliche Debatte sei davon geprägt gewesen, ob sich CDU oder Grüne durchsetzen. „Der innerkoalitionäre Machtkampf hat das eigentliche Anliegen völlig überschattet.“
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Mehrere Naturschutzverbände, darunter BUND, Nabu und WWF, äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung enttäuscht. Der Ministerpräsident habe eine große Chance verpasst, mit einer mutigen Entscheidung einen wirksamen Schutz für die Ostsee auf den Weg zu bringen. Das vorgestellte Konzept ist aus Sicht der Verbände unzulänglich. Notwendig wäre ein strenger Schutz für die Küstengewässer und bestimmte Strandabschnitte, damit sich die Ökosysteme an den Küsten und auf See vom hohen Druck der Nutzer erholen könnten. (dpa/mp)