Zahnarzt zu tödlichen Schüssen: „Leider habe ich die Maschinenpistole geholt“
Im Dreifachmord-Prozess gegen einen Zahnarzt aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat sich der Angeklagte erstmals im Gerichtssaal zu den tödlichen Schüssen auf seine Frau, deren neuen Bekannten und einen weiteren Mann geäußert. Zu dem Warum der Taten habe er keine Erklärung, sagte er am Donnerstag vor dem Kieler Landgericht. „Wie soll man so was Schreckliches in Worte fassen? Es gibt keinen Grund, der das rechtfertigen kann.“
Er habe nach den Morden „die ganzen Monate darüber nachgedacht, welche Impulse dazu geführt hätten“: „Es ist wie in einem ganz komischen Film abgelaufen, als würde es gar nicht der Realität entsprechen“, sagte der Angeklagte. Aus seiner Sicht hat er niemanden vorher bedroht, auch nicht seine Frau. „Ich verstehe nicht, dass ich es dann machte.“
Dreifachmord-Prozess in Kiel: Zahnarzt sagt aus
Einen speziellen Blick auf den Angeklagten eröffnete der psychiatrische Sachverständige Thomas Bachmann. Demnach googelte der Zahnarzt noch in der Nacht zum Tattag um 00.24 Uhr Suchbegriffe wie „Jeder kann Mörder werden“, „Wege aus der Schuld“ und „Schuldgefühle nach dem Tod des Partners“. Außerdem fuhr er Bachmann zufolge am Vortag des Dreifachmordes, am 18. Mai 2021, die späteren Tatorte in Dänischenhagen und Kiel ab.
Nach Zeugenaussagen war die Ehe des Mannes zerrüttet, seine Frau hatte sich getrennt und einem neuen Mann zugewendet. Der Angeklagte soll ihr die Nase zertrümmert haben. Sie erwirkte demnach ein Gewaltschutzabkommen und wollte die Scheidung, er wollte sie aber nicht loslassen. Gegen die Anordnung, sich ihr nicht zu nähern, verstieß er laut Zeugen immer wieder und stalkte sie. Er habe Telefonterror ausgeübt.
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Am Tattag, dem 19. Mai 2021, sei er frühmorgens los, um die zwei illegalen späteren Tatwaffen zu entsorgen, sagte der Angeklagte. Er habe nach anonymen Anzeigen gegen ihn jeden Moment eine große Durchsuchungsaktion der Polizei vermutet. Ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz wäre für ihn als Jäger „der Todesstoß“ gewesen, so der Angeklagte. Seine Frau habe seit Jahren von den Waffen gewusst, die er zeitweise nahe seinem Wohnhaus in einem Wäldchen in einem Erdbunker vergraben und dann in der Garage eines Bekannten versteckt hatte.
Über einen Tracker habe er dann gesehen, dass seine Frau zur Uni fuhr. Er sei ihr „leider hinterhergefahren“. Als er an der Uni ankam, sei sie bereits auf der Weiterfahrt gewesen. Er sei ihr nach Dänischenhagen gefolgt. „Dann kam es zu den schrecklichen Ereignissen“, sagte der 48-Jährige. „Ich habe versucht, mit ihr noch mal zu sprechen.“ Die 43-Jährige habe jedoch gesagt, „ich solle verschwinden, was ich da zu suchen hätte“. Daraufhin sei er zurück zum Wagen, habe „leider“ die Maschinenpistole vom Typ Uzi vom Rücksitz geholt.
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Laut Anklage schoss der Deutsche zwei Magazine auf seine Frau und den Bekannten leer. „Ich krieg das nicht mehr richtig zusammen“, sagte er auf Nachfragen des Gerichts. „Es war wie im schlechten Film.“ Die Situation „war irreal, völlig entrückt“. Später sagte er auf eine Frage des Psychiaters zu den Schüssen in Dänischenhagen: „Ich dachte, das kann nicht der Realität entsprechen, die können ja wieder aufstehen.“
Seiner Aussage zufolge fuhr der Angeklagte nach den Schüssen in Dänischenhagen zu dem gemeinsamen Bekannten des Paares nach Kiel, der sich mit ihm zerstritten hatte. Er habe ihm „davon berichten wollen“, sagte er auf eine Frage des Vorsitzenden, was er dort wollte, wo doch zwischen beiden „das Tischtuch zerschnitten“ war? „Ich habe mich zu ihm hingezogen gefühlt“, erwiderte der Angeklagte.
Dreifachmord: Angeklagter versucht sich zu rechtfertigen
Der Bekannte, ein Elektriker, der ihm seine Praxis elektrifizierte und dem er noch etliche tausend Euro schuldete, sei dann auf ihn körperlich losgegangen. „Dann hab ich die Waffe gezogen.“ Der erste Schuss „war seitlich ins Kleinhirn“. Der Mann sei kurz weitergegangen, dann habe er „mehrere Schüsse abgegeben, auf das bereits liegende Opfer“. Er könne sich „nicht erklären, warum, ich hatte das als Bedrohungssituation wahrgenommen“.
Während seiner Aussage sprach der Angeklagte schnell, ausufernd, wie mit Rechtfertigungsdruck. Er habe damals nicht mehr gekonnt, sagte er und bestritt, dass er seine Frau jemals bewusst verletzt habe. Es sei eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen, als ihr das Nasenbein durch seine Tritte zertrümmert wurde. „Es war nie meine Absicht, jemandem zu schaden.“ Er habe „niemanden vorher bedroht, auch nicht meine Frau. Ich verstehe nicht, dass ich es dann machte.“
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Während der Aussagen des Angeklagten saß die Witwe des Elektrikers im Gerichtssaal. Sie trug ein Shirt mit dem Foto des Toten. Auch eine Tochter des in Dänischenhagen ermordeten Bekannten der Ehefrau war anwesend. (dpa/mp)