Verfallenes Jagdschloss
  • Das Schloss, vorne der Marstall und hinten das so genannte Kavaliershaus, müsste dringend saniert werden.
  • Foto: Florian Quandt

Wo einst der Kaiser jagen ging: Dieses Schloss im Norden verfällt

Kaum ein Jahr vor Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 lud Kaiser Wilhelm II. zur großen Jagd ins Jagdschloss Göhrde. Noch einmal gingen hier Fürsten, Herzöge, Feldmarschälle und Generäle auf die Pirsch. Doch von altem Adelsglanz ist heute nichts mehr zu sehen. Das Anwesen unweit von Lüneburg steht leer und verfällt. Die heutige Eigentümerin lässt weder Denkmalschützer noch den Ortsbürgermeister aufs Gelände.

Alles begann mit der Jagdleidenschaft des Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover. Der wollte ordentlich angeben und ließ 1709 mal eben ein dreigeschossiges Barock-Jagdschloss in das riesige Waldgebiet zwischen Lüneburg und Dannenberg bauen. Dazu kamen ein Marstall für 500 Pferde, ein prächtiges Haus für den kurfürstlichen Oberjägermeister, diverse Nebengebäude und sogar ein Schlosstheater. Doch als der Hannoveraner 1714 den englischen Thron bestieg und nach London umsiedelte, war es schon wieder vorbei mit den prächtigen Jagdgesellschaften in der Göhrde.

Jagdschloss Göhrde bei Lüneburg verfällt

1827 ließ einer seiner Nachfolger den Prachtbau einfach abbrechen, nur der Marstall und ein „Kavaliershaus“ blieben stehen und 1871 fand der deutsche Kaiser Wilhelm I. Gefallen an dem Jagdsitz, ließ ihn ausbauen und wieder hallten die Hörner der edlen Jagdgesellschaften durch die Wälder rund ums Rest-Schloss.

Der ehemalige Marstall für 500 Pferde ist heute das Hauptgebäude des Anwesens. Florian Quandt
Eingang zu einem Gebäude
Der ehemalige Marstall für 500 Pferde ist heute das Hauptgebäude des Anwesens.

Nach der Abdankung des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. 1918 ging es bergab mit dem Schloss. Es wurde als Beamten-Erholungsheim und Predigerseminar genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog eine „Heimvolkshochschule“ ein und 2005 verkaufte das Land Niedersachsen die schon damals sanierungsbedürftige Immobilie für gerade mal 30.000 Euro an eine ältere Dame – Sieglinde G. Die kapselte sich auf dem Schloss ab und war nicht bereit, mit dem Landkreis, Denkmalschützern oder dem Ortsbürgermeister über die Zukunft des denkmalgeschützten Objekts zu sprechen.

Dem Verfall preisgegeben sind auch die bronzenen Löwenköpfe als Türklopfer. Florian Quandt
Löwenkopf als Türklopfer
Dem Verfall preisgegeben sind auch die bronzenen Löwenköpfe als Türklopfer.

2013 öffnete sie anläßlich eines „Walderlebnis-Tages“ einmal kurz das Tor und erklärte Neugierigen , dass sie Seminare, Feiern und „Workcamps“ veranstalten wollte. Sogar von einem „Transnationalen Bildungszentrum“ für „Soziales Unternehmertum“ war die Rede. Doch dann erklärte die Schlossherrin so nebenbei, dass die Heizung aus Kostengründen im Winter oft ausbleibe.


Thomas Hirschbiegel (li) und Florian Quandt Florian Quandt

Lost Places

Der Autor: Thomas Hirschbiegel (l.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.

Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „ Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.


Geschehen ist seitdem aus Geldmangel offenbar nichts und das historische Gebäudeensemble verfällt immer mehr. Die Dächer sind löchrig, Türen und Fenster morsch. Gebäudesockel haben große Risse. Der Denkmalschutz würde gerne Genaueres wissen über den Zustand der Gebäude an der Bundesstraße 216, doch G. ließ zuletzt 2018 einen Besichtigungstermin platzen und ist nicht zu sprechen.

Die Turmuhr steht schon seit mehr als 20 Jahren still. Florian Quandt
Alte Turmuhr
Die Turmuhr steht schon seit mehr als 20 Jahren still.

Und das scheint immer noch so zu sein. Auf MOPO-Nachfrage sagte Hannah Röthlingshöfer, die Sprecherin des zuständigen Landkreises Lüchow-Dannenberg, dass man sich sehr freuen würde, wenn das historische Anwesen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde. Die Kreis-Sprecherin erklärte weiter, man versuche regelmäßig mit der Eigentümerin Kontakt aufzunehmen – ohne Erfolg.

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So muss der Heilige Hubertus aus Bronze auf seinem Sockel im Schlossgarten wohl weiter traurig auf das verfallene Anwesen blicken und auf die so dringend nötige Sanierung warten.

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