Christian Tonn, Geschäftsführer der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG), zeigt Hanfstecklinge (Cannabisstecklinge) in einem Anbaumodul.
  • Christian Tonn, Geschäftsführer der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG), zeigt Hanfstecklinge (Cannabisstecklinge) in einem Anbaumodul.
  • Foto: picture alliance / dpa/Stefan Sauer

Gras statt Panzern: Riesige Hightech-Hanfplantage entsteht in Ex-Militäranlage

Die Cannabis-Legalisierung schafft neue Geschäftsfelder. Bei Anklam hat ein Unternehmen große Pläne mit jeder Menge Hightech auf einem ehemaligen Militärgelände. Es gibt aber einen Haken.

Wo die NVA einst tonnenschweres Militärgerät lagerte, sind wenige Zentimeter große grüne Stecklinge eingezogen. Aus Österreich kämen diese zarten Cannabis-Pflänzchen, erklärt Christian Tonn. Unter den richtigen Bedingungen könnten solche Pflanzen mehr als einen Meter groß werden. Nach acht bis zehn Wochen könne man ernten.

Mit seiner Firma Deutsche Anbaugesellschaft (DAG) wollen Tonn und sein Team die perfekten Bedingungen für Anbauer aus ganz Deutschland schaffen. Wie das aussehen könnte, zeigt eine neuartige Anlage auf einem ehemaligen NVA-Gelände in Relzow nahe Anklam.

Cannabis-Farm auf Ex-NVA-Gelände nahe Anklam

Dort verlaufen DDR-typische Plattenwege zwischen zahlreichen Hallen, in denen ehemals unter anderem Panzer standen. 36 Hallen bieten hier laut Tonn eine Grundfläche von 120.000 Quadratmetern. 13 Hallen, also ein Drittel, mit 40.000 Quadratmetern habe man sich bereits gesichert.

In eine dieser Hallen ist in den zurückliegenden Monaten Hightech eingezogen: spezielle LED-Lampen, doppelstöckige Regale mit speziellem Neigungswinkel, damit das Wasser richtig abfließt, sowie eine computergestützte Bewässerungs-, Klima- und Nährstoffanlage – das erste sogenannte Anbaumodul.

Das könnte Sie auch interessieren: Deutschlands erstes legales Cannabis kommt aus dem Norden

Zu solch einem 230 Quadratmeter großen Modul gehören sechs Räume, etwa für Technik, Anbau, Trocknung und die Verarbeitung von Cannabis. Auch eine Desinfektionsschleuse gehört dazu genauso wie eine elektronische Sicherung. Hineinkommen soll später nur, wer zu einem entsprechenden Anbauverein gehört.

Cannabis-Farm Anklam: Mehr als eine Million Euro investiert

Nach der Cannabis-Teillegalisierung in diesem Jahr dürfen nicht kommerzielle Anbauvereinigungen mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis anbauen und zum Konsum an ihre Mitglieder abgeben. Die DAG will solchen Vereinen die Technologie dafür zur Verfügung stellen. Sogar Software zur Vereinsverwaltung bietet sie an. Die Module können laut Unternehmen sogar ferngesteuert werden. Das eingezäunte Gelände ist zudem überwacht. Mehr als eine Million Euro hat die DAG eigenen Angaben zufolge bereits investiert.

„Wir haben sehr viele Nachfragen von Vereinen bundesweit“, sagt Tonn. Der erste Verein aus einem anderen Bundesland wolle in Relzow im Januar loslegen. Viele Clubs hätten aktuell noch mit ihren Genehmigungsverfahren zu tun. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach Angaben des zuständigen Landesamtes bislang drei Vereine mit Genehmigung sowie weitere Anträge.

Soll zur Verkleinerung des Schwarzmarktes führen

Nach Aussage Tonns soll seine Firma einen Beitrag zur Bekämpfung des Schwarzmarktes leisten. Das Hightech-Modul soll nicht nur höchste Qualität ermöglichen. Mit der Anlage könne man Cannabis zu einem Preis von etwa zwei Euro pro Gramm produzieren. Der Schwarzmarktpreis ist in der Regel höher.

Auf einem ehemaligen Militärgelände bei Anklam will das Unternehmen der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG) High-Tech-Anlagen für Cannabis-Anbauvereinigungen aus Deutschland bereitstellen. picture alliance / dpa/Stefan Sauer
Auf einem ehemaligen Militärgelände bei Anklam will das Unternehmen der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG) High-Tech-Anlagen für Cannabis-Anbauvereinigungen aus Deutschland bereitstellen.
Auf einem ehemaligen Militärgelände bei Anklam will das Unternehmen der Deutschen Anbaugesellschaft (DAG) High-Tech-Anlagen für Cannabis-Anbauvereinigungen aus Deutschland bereitstellen.

Das Projekt ist nach Aussage Tonns deutschlandweit einzigartig. Auch beim zuständigen Schweriner Umwelt- und Landwirtschaftsministerium heißt es, andere Projekte ähnlicher Größenordnung seien dort nicht bekannt. Es gibt allerdings einen Haken: Die Behörden könnten der Ansiedlung mehrerer Anbauvereine in Relzow einen Strich durch die Rechnung machen.

Cannabis-Anbau: Gespräche mit Politikern in Planung

Aus Schwerin heißt es, eine Erlaubnis sei zu versagen, wenn Vereine in einem gemeinsamen Gebäude, Gebäudekomplex oder in unmittelbarer räumlicher Nähe anbauen. Zielrichtung sei kleinräumiger, nichtgewerblicher Eigenanbau zum Eigenkonsum. Das zuständige Landesamt sei entsprechend angewiesen, damit eine Konzentration von Anbauflächen an einem Ort unterbunden werde. Das heißt, in Relzow „könnte hiernach voraussichtlich nur einer Anbauvereinigung eine Anbauerlaubnis erteilt werden. Diese Einschätzung ist der Gesellschaft bereits bekannt gegeben worden“.

Das könnte Sie auch interessieren: Cannabis Social Clubs: In Hamburg jetzt erst genehmigt, woanders wird schon geerntet

Tonn gibt sich gelassen. In der kommenden Zeit seien Gespräche mit und Besuche von Politikern geplant. Jeder Verein habe in Relzow ein räumlich getrenntes Modul und auch nur zu seinem eigenen Zugang. Außerdem beinhaltet das DAG-Geschäftsmodell nicht nur, dass sich Vereine in Relzow einmieten können. Sie können die Module auch komplett für andere Standorte kaufen. „Das Modul ist so konzeptioniert worden, dass wir das praktisch überall errichten können.“

Cannabis-Anbau bundesweit nur wenig erforscht

Zudem will sich die DAG in der Forschung engagieren. Cannabis-Anbau sei in Deutschland kaum erforscht, sagt Tonn. Man stehe mit Hochschulen oder etwa dem Bioökonomiezentrum Anklam in Kontakt, das sich schon länger mit Nutzhanf beschäftige. Außerdem will das Unternehmen selbst anbauen, nämlich medizinisches Cannabis. Damit soll es laut Tonn spätestens im kommenden Sommer losgehen.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp