Hungerstreik: Sie wollen Scholz, Laschet und Baerbock zum Gespräch zwingen
Vitamintabletten, Elektrolyte, Medikamente gegen Hirnschäden und 300 Milliliter verdünnter Saft: Das ist alles, was sechs 18- bis 27-Jährige seit mehr als zwei Wochen täglich zu sich nehmen. Am Montag kündigten sie an, nun auch auf den Saft zu verzichten. Mit ihrem extremen Hungerstreik wollen die Klimaaktivisten ein Gespräch mit den drei Kanzlerkandidaten erzwingen. Ihre Aussichten auf Erfolg sind jedoch schlecht – und ihre körperlichen Reserven werden kleiner.
Seit dem 30. August sitzen die sechs Aktivisten vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Sie haben ein kleines Zelt-Dorf errichtet und Banner aufgehängt: „Stoppt den Mord an der jungen Generation.“
Die 18- bis 27-Jährigen stellen zwei Forderungen an die Politik. Zum einen wollen sie ein öffentliches Gespräch mit den drei Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) führen. Zum anderen fordern sie einen Bürgerrat, der der Politik Sofortmaßnahmen gegen den Klimawandel vorgeben soll.
Zwei der sechs Aktivisten kommen aus Meck-Pomm
Zwei der Aktivisten kommen aus dem mecklenburg-vorpommerschen Greifswald: Rumen Grabow und Henning Jeschke, 20 und 21 Jahre alt. Rumen Grabow hat seine Bäckerausbildung zu Beginn des Jahres abgebrochen, um „Vollzeit-Aktivist“ zu werden. Auch Henning Jeschke hat sein Studium für die Aktion aufgegeben. „Wir sind richtig am Arsch“, erklärt der 21-Jährige. „Die CO₂-Werte steigen und steigen. Die Pläne der Parteien reichen alle nicht aus.“
Die einzige Hoffnung, die bleibe, um das Leben zu schützen, seien „Menschen wie du und ich, die auf den Notstand zeigen“, schreibt Jeschke auf dem offiziellen Instagram-Kanal der Aktion. Dort erklärt er auch, dass der Hungerstreik „ein riskantes Unterfangen“ sei. Er hungere jedoch „für das Leben.“
Rumen Grabow erklärt, er habe „angesichts dessen, was auf dem Spiel steht“, nichts zu verlieren. „Wir sind die letzte Generation, welche über das Ausmaß der Klimakrise entscheidend mitbestimmt“, schreibt er. „Ich habe keine Wahl. Wir sind der Aufstand der letzten Generation!“ Es gebe kein Zurück zur Normalität.
Gegenüber dem „Nordkurier“ bezeichnet sich der 20-Jährige, der bereits seit dem Grundschulalter für den Klimaschutz kämpft, als Extremist. „Die Mittel und Wege, die ich gehe, sind extrem und nicht immer legal. Aber das Ziel rechtfertigt die Mittel. Bislang haben die Politiker ihren Job nicht gemacht, und das können wir nicht durchgehen lassen. Das muss eine Demokratie auch mal aushalten können“, erklärt er.
So reagieren Scholz, Baerbock und Laschet auf die Aktion
Eine der ursprünglich sieben Aktivist:innen hat die Aktion aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen. Ein weiterer Teilnehmer sei bereits ohnmächtig geworden und habe eine Infusion benötigt, berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Essen wollte er danach trotzdem nichts. Und auch seine Mitstreiter sind fest entschlossen, ihre Aktion weiter durchzuziehen.
Doch bis wann? Laut „Nordkurier“ haben die Aktivisten teilweise schon über sieben Kilogramm Gewicht verloren. Keiner der drei Kanzlerkandidaten hat sich bisher zu einem Gespräch bereit erklärt. Lediglich ein Telefonat mit Annalena Baerbock von den Grünen hat es gegeben. Sie hat die Aktivisten aufgefordert, ihre Aktion abzubrechen und wieder zu essen, wie ein Grünen-Sprecher mitteilte. Demnach teile Baerbock das Ziel, dass Deutschland möglichst bald klimaneutral wird, und wolle sich dafür mit ganzer Kraft einsetzen. „Aber es darf nicht sein, dass sich Menschen durch einen Hungerstreik in solche Gefahr bringen und ihr eigenes Leben riskieren.“
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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz richtete vergangene Woche bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ludwigsfelde einen ähnlichen Appell an zwei junge Aktivisten, die dort ein Banner mit der Aufschrift „Hungerstreik für Klimagerechtigkeit“ entrollten.
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Armin Laschet von der CDU hat die Möglichkeit einer Diskussion mit den Streikenden im Interview mit der ARD nicht ausgeschlossen. Er erklärte, dass er im Wahlkampf mit so vielen Menschen wie möglich spreche. „Insofern wird sich zeigen, ob sich das ermöglichen lässt“, so Laschet. Es gebe aber noch andere im Lande, die ein Gespräch führen wollten. Er bitte „die jungen Leute vor dem Reichstag, nicht ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel zu setzen.“