Kokain, Ecstasy, Speed: Abwasser verrät, wie viele Drogen wirklich genommen werden
Der Konsum illegaler synthetischer Drogen wie Kokain, Ecstasy und Speed in Mecklenburg-Vorpommern ist offenbar höher als bisher bekannt. Das zeigt eine vom NDR im Juni in Auftrag gegebene Abwasseranalyse der Technischen Universität Dresden. Hotspot ist dabei Neubrandenburg.
Erst im Juni war eine 13-Jähre in Altentreptow nach der Einnahme der Ecstasy-Pille „Blue Punisher“ gestorben, zwei weitere Mädchen aus der Region schwebten in Lebensgefahr und mussten tagelang im Krankenhaus behandelt werden. Seitdem stellt sich die Frage nach dem Ausmaß des Konsums harter Drogen in Mecklenburg-Vorpommern.
Allerdings gibt es bisher kaum aussagefähige Daten zu dem Thema. Deshalb hat der Sender NDR die TU Dresden beauftragt, das Abwasser in den Klärwerken der vier Städte Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und Greifswald zu untersuchen.
Hohe Rückstände an Ecstasy in Schwerin, Rostock und Neubrandenburg
Die Universität führt seit 2016 die deutschlandweiten Untersuchungen zu Drogenrückständen im Abwasser im Auftrag der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) durch. Die EMCDDA lässt regelmäßig in ganz Europa das Abwasser analysieren. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass immer mehr Menschen in Europa harte Drogen wie Kokain, MDMA, Speed und Crystal Meth konsumieren.
Genau auf diese Drogen wurde nun auch das Abwasser in den vier nordostdeutschen Städten untersucht. Ergebnis: In den Proben aus Schwerin, Rostock und Neubrandenburg wurden hohe Rückstände von MDMA (zum Beispiel Ecstasy) gefunden. In Neubrandenburg konnte darüber hinaus überdurchschnittlich viel Amphetamin (Speed) nachgewiesen werden. Ähnliche hohe Werte wurden in der Vergangenheit nur in niederländischen oder belgischen Drogen-Hotspots festgestellt. Damit wäre Neubrandenburg eine der europaweit am stärksten betroffenen Städte.
Besorgniserregend ist auch die Entwicklung des Kokainkonsums in Rostock: Er hat sich seit 2017 um 120 Prozent erhöht! Laut den Forschern ist der Konsum der Droge gerade am Wochenende besonders hoch. Björn Helm, Leiter Arbeitsgruppe Siedlungshydrologie an der TU Dresden: „Beim Kokain war ja Rostock der Spitzenreiter unter den Mecklenburg-Vorpommerschen Städten und auch deutschlandweit ist es da in der Spitzengruppe. Und nur der Konsum in Hamburg, Berlin und Dortmund ist höher.“
Politik will mehr Drogen-Prävention veranlassen
Mit den Ergebnissen konfrontiert, will Rostocks Gesundheitssenator, Steffen Bockhahn (parteilos) nun prüfen, inwiefern die Stadt ab dem kommenden Jahr eigene Abwasseranalysen in Auftrag geben wird. „Wir wissen dadurch nicht, wer nimmt warum Drogen. Aber wir können genauer wissen, in welchem Umfang der Konsum dieser Substanzen stattfindet. Da können wir in der Prävention zielgenauer arbeiten.“
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Auch der stellvertretende Bürgermeister Neubrandenburgs, Peter Modemann (CDU) zeigte sich auf Anfrage des NDR besorgt über die Ergebnisse der Studie und sieht Handlungsbedarf: „Wir werden uns mit den zuständigen Behörden sehr eng zusammenschließen, um Prävention und Aufklärung voranzutreiben. Da werden wir mit Sicherheit auch mit Schulen und Jugendeinrichtungen reden müssen.“
Zumindest einen Lichtblick gibt es: Die Wissenschaftler untersuchten die Abwasser auch auf Heroin und Crystal Meth. Ergebnis: Diese beiden besonders harten Drogen werden in Mecklenburg-Vorpommern eher wenig konsumiert. (ng)