Nicht „sinnvoll“ erklärbar: Corona-Hotspot im Norden verzichtet auf 15-Km-Radius
Gifhorn –
Jetzt kommt es auf jeden Einzelnen an: Die Corona-Infektionszahlen steigen im Landkreis Gifhorn (Niedersachsen) seit Tagen massiv. Strenge Maßnahmen bis hin zu Kontaktverboten sollen kommen. Eines aber plant der Landkreis nicht.
Kein 15-Kilometer-Radius, aber Ausgangsbeschränkung und Kontaktverbot: Der Landkreis Gifhorn will den Menschen angesichts hoher Corona-Neuinfektionszahlen deutlich strengere Regeln auferlegen. Geplant sei eine Ausgangsbeschränkung am späteren Abend und in der Nacht sowie ein weitreichendes Kontaktverbot, sagte Landrat Andreas Ebel am Montag. Dagegen verzichte der Landkreis vorerst darauf, die Bewegungsfreiheit der Menschen auf einen Radius von 15 Kilometern rund um ihre Wohnadresse zu beschränken. Das gilt bislang auch für weitere niedersächsische Landkreise mit hohen Infektionszahlen.
Gifhorn in Niedersachsen: Ausgangsbeschränkung ab 20 Uhr
Der CDU-Politiker erklärte, die Ausgangsbeschränkung solle ab Dienstagabend zwischen 20 Uhr und 5 Uhr morgens und bis Ende Januar gelten. Geprüft wird, Kontakte außerhalb des eigenen Haushalts ab Freitag, spätestens aber vom kommenden Montag an zu verbieten. Treffen in privaten Haushalten solle es dann nicht mehr geben, Ausnahmen etwa für die häusliche Pflege sollten aber möglich sein, sagte Ebel. Eine Task Force solle Alten- und Pflegeheime besser überwachen. Der Landrat forderte zudem vom Land Niedersachsen mehr Impfstoff – die bisher gelieferten Impfdosen seien alle verbraucht.
In Niedersachsen: Gifhorn am stärksten von Corona betroffen
Der Landkreis ist niedersachsenweit am stärksten von der Infektionswelle betroffen. Die Zahl der Neuinfektionen gerechnet auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen stieg auf 259,5. Die Zahl der Infektionsfälle insgesamt stieg um sieben auf 2698, 44 Menschen starben bislang. In den vergangenen sieben Tagen seien 458 Fälle hinzugekommen, sagte Ebel. Während der Feiertage hätten Privathaushalte die Beschränkungen „sehr großzügig ausgelegt“. Er begründete die Entwicklung aber auch mit der hohen Zahl von Tests, die über der vom Robert Koch-Institut geforderten Anzahl liege. Bis zu 300 Tests täglich gebe es im Landkreis.
Im Norden: Ausgangssperren und Kontaktverbote leichter zu überwachen
Nach den neuen Regeln des verschärften Lockdowns könnte der Landkreis ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 die Bewegungsfreiheit der Menschen einschränken. Ein Grund für den Landkreis, auf diese Regelung zu verzichten, seien die unbestimmten Vorgaben des Landes. Menschen aus anderen Landkreisen dürften nach Gifhorn kommen, die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen dürften gering sein, hieß es. Zudem seien Ausgangssperren und Kontaktverbote leichter zu überwachen. Der Gifhorner Polizeichef Thomas Bodendiek kündigte an, zusätzliches Personal bereitzustellen, das die Regelungen mit der „nötigen Bestimmtheit“ überwachen werde.
Mit einer Inzidenz von 193,7 lag der Landkreis Cloppenburg knapp unter der Marke von 200, ab der der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnsitz begrenzt werden kann. Auch dort ist diese Einschränkung derzeit nicht geplant; auch nicht für den Fall, dass die Marke in den nächsten Tagen überschritten werde, sagte Kreissprecher Sascha Sebastian Rühl. Die Einhaltung einer solchen Regel sei kaum zu überprüfen, die Entfernungen zum Arbeitsplatz oder zum Einkaufen seien groß. Manche Angebote seien nicht innerhalb von 15 Kilometern um den Wohnsitz zu finden.
Gifhorns Landrat: „Es liegt an jedem Einzelnen“
„Gleichzeitig wäre es schwierig, den Bürgerinnen und Bürgern sinnvoll darzustellen, warum sie nicht weiter als 15 Kilometer reisen und gleichzeitig aber von Personen außerhalb des Landkreises besucht werden dürften“, erklärte Rühl. Auch im Landkreis Helmstedt mit einer Inzidenz von 178,5 gibt es eine solche Regelung bislang nicht. Im Landkreis Wittmund lag die Inzidenz bei 170,4, die Kreisverwaltung will die Entwicklung der Infektionszahlen genau beobachten. Einen 15-Kilometer-Radius bei Überschreiten der 200er-Inzidenz sieht der Kreis Wittmund aber „grundsätzlich und aus praktischen Erwägungen“ eher skeptisch.
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Die Freiheit der Menschen werde weiter eingeschränkt, die Maßnahmen seien aber angemessen, betonte Gifhorns Landrat Ebel: „Es liegt an jedem Einzelnen, sich jetzt an die Kontaktbeschränkungen zu halten. Jetzt ist wirklich jeder Einzelne gefragt.“ (dpa/maw)