14-Jähriger getötet: Freund in U-Haft – war es ein geplantes Verbrechen?
Eine Nacht und einen Vormittag hatten die Menschen in Wunstorf gebangt und gehofft, dass ein vermisster 14-Jähriger wohlbehalten wieder auftaucht – vergebens. Der Jugendliche soll von einem Freund getötet worden sein. War es ein geplantes Verbrechen? Es sind noch viele Fragen offen.
Nach dem gewaltsamen Tod eines 14-Jährigen aus Wunstorf bei Hannover hat die zuständige Jugendrichterin Untersuchungshaft für den gleichaltrigen Verdächtigen angeordnet. Der Haftbefehl sei wegen Mordes erlassen worden, sagte Can Türkay, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, am Donnerstag. Das Mordmerkmal der Heimtücke werde – wie beantragt – gesehen. Der Tatverdächtige sei in die Jugendanstalt Hameln gebracht worden.
Staatsanwaltschaft: „Der 14-Jährige war arg- und wehrlos“
„Der 14-Jährige war arg- und wehrlos“, erläuterte der Sprecher. Er habe nicht damit gerechnet, dass er von seinem „Spielkameraden“ umgebracht werden könnte. Am Vortag war noch wegen Totschlags gegen den anderen Jungen ermittelt worden.
Die Behörden bezeichneten ihn zunächst als einen „Freund“ des Opfers. Als die Ermittler noch von einem Vermisstenfall ausgingen, sagte er der Polizei, dass er den vermissten Jungen getötet und versteckt habe. Erst nach einer stundenlangen Suche war am Mittwoch die Leiche des vermissten Jungen auf einem Brachgelände in der Ortschaft Wunstorf-Blumenau entdeckt worden.
Wie der NDR unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, soll der Verdächtige die Tat über mehrere Monate geplant und einen Stein genutzt haben. Auch die „Bild“ berichtete von einer langen Vorbereitung und einem Stein als Tatwaffe. Die Staatsanwaltschaft machte dazu zunächst keine Angaben. „Wir wollen das Obduktionsergebnis abwarten“, sagte der Behördensprecher dazu. Auch zum Tatort machte er zunächst keine Angaben.
In dem Fall sind viele Fragen weiterhin offen. Unklar ist das Motiv für das Verbrechen. Nach Angaben der Ermittler sind sowohl das Opfer als auch der Verdächtige deutsche Staatsangehörige, „auch ohne Migrationshintergrund“, wie Türkay ergänzte.
Wunstorf: Vater hatte toten Jungen als vermisst gemeldet
Der Vater des Jungen hatte seinen Sohn am Dienstagabend als vermisst gemeldet, weil er nicht von einem Treffen mit einem ebenfalls 14-Jährigen aus Wunstorf nach Hause zurückgekommen war. Die Polizei ging zunächst von einem Vermisstenfall aus, bis der andere Jugendliche in einer Befragung Angaben zu dem Fall machte.
Zunächst waren die Ermittler von einem Versteck in einem Wald ausgegangen – Feuerwehrkräfte und mehrere Hundertschaften der Polizei durchkämmten erfolglos den Luther Forst. Schließlich wurde die Leiche in etwa drei Kilometer Entfernung von dem Waldgebiet auf dem Brachgelände an einem Feldrand in Blumenau entdeckt.
In der Schule des getöteten Jugendlichen in Wunstorf ist für diesen Freitag (27.1.) eine Trauerandacht geplant. Seelsorger betreuten die Schülerinnen und Schüler, teilte die Schulleitung mit. Alle seien „entsetzt, fassungslos und unendlich traurig“. Auch Hannovers evangelischer Landesbischof Ralf Meister drückte sein Mitgefühl aus. Seine Gedanken und Gebete seien bei der Familie des toten Jugendlichen und bei dessen Schulgemeinschaft.
Auch über die Kleinstadt hinaus löste der gewaltsame Tod des 14-Jährigen Bestürzung aus. Er erinnert viele Menschen an eine Tat in Salzgitter, wo im vorigen Sommer die 15 Jahre alte Anastasia getötet worden war. Seit wenigen Wochen steht ein 14-Jähriger in Braunschweig vor Gericht, weil er gemeinsam mit einem zur Tatzeit 13-jährigen – und damit strafunmündigen – Mitschüler die Jugendliche heimtückisch ermordet haben soll.
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Trotz der oft großen Emotionalität bei solchen Fällen verwies der Kriminologe Klaus Boers von der Universität Münster darauf, dass die Anzahl der Tötungsdelikte in Deutschland seit Jahren rückläufig sei. Das gelte auch für Gewalt von Jugendlichen und Heranwachsenden. Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass schwere Gewaltdelikte mit minderjährigen Tatverdächtigen bundesweit rückläufig sind. Nach Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) hat sich die Zahl der Verdächtigen in der Altersgruppe der 14- bis unter 18-Jährigen zwischen 2008 und 2021 halbiert.