Ostsee: Restaurant bewirtet keine Kinder mehr – was die Inhaberin jetzt erlebt
„Liebe Gäste! Aufgrund vieler unschöner Ereignisse in der Vergangenheit haben wir uns dazu entschlossen, keine Familien mit Kindern unter 12 Jahren mehr zu bewirten.“ Diese Worte hängen im Schaukasten des „Schipperhus“, einem Restaurant im Ostseebad Dierhagen (Landkreis Vorpommern-Rügen). Die Wirtin Ricarda Biebl hat nach endlosen Diskussionen mit uneinsichtigen Eltern für sich die Notbremse gezogen – und wird jetzt mit Hassnachrichten überflutet.
„Die Tatsache, dass sich Kinder daneben benehmen, weil die Eltern sie nicht mehr richtig erziehen, hat in den vergangenen fünf Jahren extrem zugenommen“, berichtet die 49-Jährige im Gespräch mit der MOPO. „Vor zehn Jahren war das noch nicht so.“
Ostsee: „Schipperhus“ bewirtet keine Kinder unter 12 Jahren
Das kleine Restaurant „Schipperhus“ mit seinen sieben Tischen gehört zu den ältesten Häusern im Ort. Biebl hat hier sehr viele Stammgäste, die laut der Wirtin in Ruhe abends bei ihr essen möchten. „Das geht allerdings nicht, wenn das Schnitzel nebenan auf den Boden fliegt und darauf herumgetreten wird. Anstatt das Essen dann aber wieder auf den Tisch zu legen, reagieren die Eltern überhaupt nicht“, erzählt sie.
Das Schlimme: Sobald sie oder ihr Service-Personal die Eltern auf das Verhalten des Kindes ansprächen, würden sie nur wüst beschimpft. „Das geht nicht, dass wir uns obendrein noch die ganze Zeit beschimpfen lassen müssen“, sagt Biebl. Schon in der vergangenen Saison habe sie sich für eine befristete Zeit dafür entschieden, keine Familien mit Kindern unter 12 Jahren zu bewirten.
„Als wir es am Ende der vergangenen Saison doch noch einmal probieren wollten, haben wir es nach 14 Tagen bereits bitterlich bereut“, erzählt sie weiter. „Deswegen steht meine Entscheidung jetzt fest.“ Neben dem Schaukasten findet sich Hinweis auch auf der Website des Restaurants. Zunächst hatte die „Bild“ berichtet.
Ostsee: Keine Kinder mehr im „Schipperhus“ – wegen der Eltern
Die Wirtin stellt allerdings klar, dass es ihr nicht um die Kinder gehe – sondern um die Eltern. Sie selbst habe auch vier Kinder. „Nach einem achtstündigen Strandtag mit einem drei- oder vierjährigen Kind ist es doch klar, dass man nicht mehr ins Restaurant gehen sollte. Die Kinder sind totmüde, das kann gar nicht gut gehen.“
Ricarda Biebls Entscheidung hat Folgen. Im Internet, besonders auf Twitter, hagelte es Hassnachrichten. „Wie ist da das Essen, wenn sogar hungrige Kinder das lieber wegwerfen?“, schreibt ein Twitter-User. Andere hoffen auf Biebls baldige Pleite.
„Damit habe ich gerechnet. Manche wünschen mir Tod und Teufel an den Hals“, erzählt die Wirtin und seufzt. Der anonyme Hass sei nur schwer zu ertragen. „Viele Gastronomen sind bereits auf mich zugegangen. Sie würden das auch gerne einführen, trauen sich allerdings genau deshalb nicht.“
Ostsee: „Schipperhus“-Wirtin bekommt Hass – und Verständnis
Sie bekommt aber auch viel Zuspruch. „So ungern ich es als Vater schreibe, aber manche Kids benehmen sich wirklich wie die Axt im Walde. Für die Erziehung in erster Linie ausschließlich die Eltern verantwortlich!“, meint ein Twitter-User. „Die Eltern sind Schuld, keine Frage“, pflichte ihm eine andere Nutzerin bei.
2018 hat Ricarda Biebl das „Schipperhus“ in Dierhagen gekauft, davor war sie fast drei Jahrzehnte in der Gastronomie angestellt. „Ich habe bereits einiges erlebt“, erzählt sie. „Aber das hier ist noch einmal etwas ganz Anderes. Es ist hart, aber ich hoffe, es wird sich wieder beruhigen.“