Schrecklicher Mord nach Weihnachten: Fischerhude-Fall kurz vor dem Abschluss
Ein Mann hasst einen anderen Mann so sehr, dass er kaltblütig dessen Mutter und Bruder erschießt – das ist nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Verden das Motiv für den Doppelmord im Künstlerdorf Fischerhude nach Weihnachten 2021. Genau ein Jahr nach der Tat soll das Landgericht Verden am Mittwoch um 13 Uhr das Urteil gegen den 65-jährigen mutmaßlichen Täter fällen.
Der geschäftlich gescheiterte Pferdezüchter soll am 28. Dezember die Mutter (73) und den Bruder (56) eines früheren Freundes und Geschäftspartners erschossen haben. Eine zufällig anwesende Cousine der Mutter, heute 54 Jahre alt, erlitt einen Kopfdurchschuss. Sie überlebte aber schwer verletzt.
Mord in Fischerhude: Staatsanwaltschaft fordert Höchststrafe
Wegen zweier Morde und eines versuchten Mordes hat die Staatsanwaltschaft vor Weihnachten auf lebenslange Haft plädiert. Außerdem solle die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden, was eine vorzeitige Freilassung nach 15 Jahren ausschließen würde. Die Verteidigung geht davon aus, dass ihr Mandant im Affekt gehandelt habe. Sie hat um eine Strafe unterhalb von lebenslang gebeten.
Die Tat hatte nach Darstellung von Staatsanwältin Annette Marquardt eine dramatische Vorgeschichte, die sich nicht in Fischerhude bei Bremen, sondern auf einem Gestüt bei Wehldorf im Kreis Rotenburg abspielte. In seinem Geschäftsgebaren sei der Angeklagte großkotzig, „immer der Lebemann im Mittelpunkt“ gewesen, sagte Marquardt. Mit seinem eigenen Gestüt in Lilienthal sei er pleitegegangen.
Sohn und Bruder des Opfers bot dem Mörder Hilfe an
Da habe der Besitzer des Gestüts in Wehldorf Hilfe angeboten. Er nahm den Angeklagten, dessen wesentlich jüngere Partnerin und zwei kleine Kinder vorübergehend auf. „Beide Männer waren ähnlich gestrickt“, sagte Marquardt. Sie redeten viel, rauchten und tranken zusammen. Doch der Angeklagte habe sich auf dem Gestüt als Chef aufgeführt, er habe die Großzügigkeit des Gastgebers ausgenutzt, diesem mit Lügen Tausende Euro abgeknöpft.
Seiner Lebensgefährtin habe der Angeklagte ein Verhältnis mit dem Gestütsbesitzer unterstellt, sagte Marquardt – ob dem so war, ließen die Beteiligten vor Gericht offen. Nach langen Querelen flog der Angeklagte im Dezember 2021 vom Hof. Nur für Heiligabend mit seinen Kindern und der Ex-Partnerin durfte er zurückkehren.
„Alles verloren, was ihm lieb war“
Vier Tage später habe er aus „Hass und Rache“ Mutter und Bruder des Gestütsbesitzers erschossen, sagte die Staatsanwältin. Diese hatten in dem Streit vorher eher am Rande eine Rolle gespielt. Der Gestütsbesitzer habe „alles verloren, was ihm lieb war“.
In dem beschaulichen Örtchen Fischerhude löste die Tat Entsetzen und Angst vor dem bewaffneten Schützen aus. Der Beschuldigte stellte sich einen Tag später bei der Polizei in Lilienthal. Er ließ Taucher der Polizei im Fluss Wümme nach der Tatwaffe suchen. Dabei wusste der Deutsche, dass sie in einem Schuppen versteckt lag. Im Safe eines Freundes ließ der Angeklagte gestohlene Pferdepässe und sein Handy deponieren.
In einer Vernehmung räumte er zwar die tödlichen Schüsse ein. Er behauptete aber, der Gestütsbesitzer habe ihn angestiftet. Die Staatsanwaltschaft nannte dies unglaubwürdig: Der Angeklagte habe damit erneut nur seinem Feind schaden wollen. In dem Verdener Prozess schwieg der Mann bis auf ein knappes, emotionsloses Schlusswort. (dpa)