„Wollen das Warum verstehen“: Sechsjähriger in Freibad ertrunken – Prozess gestartet
Neumünster –
Es sollte ein fröhlicher Ausflug und ein Badevergnügen für die Kita-Kinder werden, doch der sechsjährige Yad starb. Vor Gericht müssen sich deswegen nun drei Erzieherinnen und zwei Bademeister verantworten. Sie schwiegen zu Prozessbeginn. Die Eltern kämpften mit den Tränen, ihren Aussagen zufolge hätten sie nichts von einem geplanten Freibadbesuch gewusst und dem auch nicht zugestimmt – denn Yad konnte nicht schwimmen, hatte offenbar Angst vor Wasser.
Auf der einen Seite des Amtsgerichtssaals in Neumünster sitzen die Eltern des Sechsjährigen, die als Nebenkläger auftreten und tränenüberströmt fragen, warum ihr Kind sterben musste. Auf der anderen Seite drei Erzieherinnen und zwei Bademeister, die sich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen verantworten müssen.
Sie sollen am 23. Juni 2016 zur Mittagszeit den kleinen Yad für einen kurzen Moment aus den Augen verloren haben, in denen er zum Nichtschwimmerbecken zurücklief und darin unterging. Zwei Jugendliche entdecken den kleinen Körper bäuchlings im Wasser treibend. Das Kind starb einen Tag später im Krankenhaus.
Prozess: Haben Erzieherinnen Schuld am Tod des kleinen Yad?
Hätten die Angeklagten ihre Aufsichtspflicht ausreichend wahrgenommen, hätte der Tod des Kindes „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können“, verliest die Amtsanwältin aus der Anklage. „Ein besonderes Augenmerk auf das Kind zu haben, wäre erforderlich und zumutbar gewesen.“
Die drei Frauen und zwei Männer im Alter von 33 bis 64 Jahren schweigen zunächst auf Anraten ihrer Verteidiger. Aber auch sie scheinen von dem schrecklichen Unglück vor dreieinhalb Jahren gezeichnet.
Sie wolle wissen, warum es so gekommen sei, sagt die 30 Jahre alte Mutter weinend. Sie wolle nicht nur wegen ihres Kindes Aufklärung, sondern auch, dass „sie in Zukunft besser aufpassen“, übersetzt der Dolmetscher weiter. „Wir wollen das Warum verstehen.“ Nach den Schilderungen der Eltern flohen sie mit dem kleinen Yad und einem älteren Bruder im Dezember 2015 aus dem Irak nach Deutschland.
Neumünster: Junge war ohne Deutschkenntnisse im Kindergarten
Der Junge war erst seit wenigen Tagen im Kindergarten, als das Unglück passierte. Dass es an diesem Tga einen Badeausflug geben sollte, wussten die Eltern nach eigener Aussage nicht. Niemand habe sie um Zustimmung gefragt. Ihr Kind konnte nicht schwimmen, wie die Mutter sagt. Die Badehose, die der Sechsjährige auf einem Foto vom Unglückstag trägt, kenne sie nicht. Laut Anklage war das Kind 1,21 Meter groß und trug keine Schwimmflügel.
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Totes Kind in Schleswig-Holstein: Es drohen fünf Jahre Haft für Erzieherinnen
„Es geht im Prozess um die Frage, ob es sich um ein unabwendbares Ereignis handelte oder ob die Angeklagten irgendeine Schuld trifft“, erläutert einer der Verteidiger im Gerichtsflur. Es werde versucht, eine Regelung außerhalb einer Verurteilung zu finden. Möglich wäre etwa eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage. Im Falle einer Verurteilung drohen Geldstrafen und bis zu fünf Jahren Haft. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt. (dpa/mp)