„Das war keine Notwehr!“ Hausbesitzer muss lange in den Knast
Ein Hausbesitzer erschießt einen mutmaßlichen Einbrecher. Das Gericht verurteilt den früheren Berufssoldaten deshalb zu sieben Jahren Haft. Es sei „nicht fernliegend, hier von Selbstjustiz zu sprechen“, sagt der Richter.
Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt: Ende Dezember 2020 schießt ein Hausbesitzer in Lübeck auf zwei flüchtende Einbrecher. Einer von ihnen wird von drei Projektilen in den Rücken getroffen und stirbt. Am Donnerstag verurteilte das Lübecker Landgericht den Schützen wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von sieben Jahren. „In diesem Fall ist es zumindest nicht fernliegend, von Selbstjustiz zu sprechen“, sagte der Vorsitzende Richter der Schwurgerichtskammer, Christian Singelmann, in der Urteilsbegründung.
Hausbesitzer erschießt Mann: Fall sorgte bundesweit für Aufsehen
Mit dem noch nicht rechtskräftigen Urteil blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Strafe von neun Jahren und drei Monaten beantragt hatte. Die Nebenklage hatte diese Strafe sogar als Mindestmaß bezeichnet. Die Verteidigung hatte dagegen die Tat des Angeklagten als fahrlässige Tötung gewertet und eine Bewährungsstrafe gefordert. Die genaue Höhe hatte der Verteidiger offen gelassen.
Während der Urteilsverkündung verzog der Angeklagte gelegentlich unwillig das Gesicht. Zu Prozessbeginn hatte sein Verteidiger eine Erklärung verlesen, in der der Angeklagte die Schüsse auf den 38 Jahre alten Einbrecher zugab. Eine Tötungsabsicht dagegen bestritt der pensionierte Berufssoldat und aktive Sportschütze.
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Der 58-Jährige, der allein in der verwahrlosten Villa wohnte, hatte ausgesagt, er habe in den frühen Morgenstunden des 30. Dezember Geräusche im Treppenhaus gehört und einen Schatten bemerkt. Da bei ihm in der Vergangenheit schon häufiger eingebrochen worden sei, habe er nach dem Rechten sehen wollen, heißt es in einer Erklärung des Angeklagten, die sein Anwalt zu Prozessbeginn verlesen hatte.
„Das war keine Notwehr“: Schüsse trafen Mann in den Rücken
„Das war keine Notwehr“, stellte Singelmann in der Urteilsbegründung fest. „Die beiden Einbrecher waren auf dem Rückzug, es bestand keine Gefahr für Leib und Leben des Angeklagten“, sagte er. Die Kammer sei vielmehr vom einem Tötungsvorsatz des Schützen ausgegangen.
Gestützt wurde das durch das gerichtsmedizinische Gutachten, wonach die Schüsse auf das flüchtende Opfer von oben abgegeben worden seien. Auch die Aussage des zweiten Einbrechers, der unverletzt geblieben war, habe im Widerspruch zu der des Angeklagten gestanden, sagte Singelmann.
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„Der Angeklagte hat behauptet, er habe drei Mal ungezielt in das dunkle Treppenhaus geschossen“, sagte Singelmann. „Der Mittäter des 38-Jährigen dagegen hat ausgesagt, der Angeklagte habe im Dachgeschoss hinter einer Tür auf sie gewartet.“ Das Gericht habe dieser Aussage geglaubt, da der Zeuge damit nicht nur den Angeklagten, sondern auch sich selbst belastet habe, sagte Singelmann.
Der Zeuge hatte ausgesagt, dass sein Freund und er in der Villa nach Wertgegenständen suchen wollten. Das verwahrlost wirkende Haus habe einen unbewohnten Eindruck gemacht, außerdem habe ein Bekannter von ihm dort schon einmal Beute gemacht. (dpa/alu)