Gegen Günther: Ex-Grüner soll für die SPD den Norden erobern
Nun ist es offiziell: Die Nord-SPD will Ex-Staatskanzleichef Thomas Losse-Müller als Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2022 ins Rennen schicken. Der 48-Jährige wird gleich doppelt ein Herausforderer von Ministerpräsident Günther.
Mit Ex-Staatskanzleichef Thomas Losse-Müller als Spitzenkandidat will die schleswig-holsteinische SPD in die Landtagswahl am 8. Mai nächsten Jahres ziehen. Diese Entscheidung teilte die Landesvorsitzende Serpil Midyatli am Sonntag offiziell in Kiel nach Beratungen des Landesvorstandes und des Landesparteirats mit. Der Vorstand habe einstimmig für Losse-Müller (48) votiert. Sie sei fest davon überzeugt, dass er Ministerpräsident wird.
Landtagswahlen im Norden: Das sagt Midyatli zu Losse-Müllers Kandidatur
Er sei der perfekte Kandidat mit seiner Erfahrung, seiner Expertise und als Mensch, hob Midyatli hervor. „Heute beginnt Zukunft“ stand als Logo auf der Bühne. Die Art und Weise von Losse-Müllers Präsentation offenbarte, dass seine Personalie parteiintern schon seit längerem feststand. „Thomas verfügt über eine große internationale Erfahrung und ist aber auch im ganzen Land vernetzt“, sagte Midyatli. Es gehe um das Beste für das Land. Losse-Müller könne große Linien formulieren und sei in der Lage, dies konkret umzusetzen. Mit seiner Nominierung mache die SPD ein Angebot über die Partei hinaus.
Sie sehe es als ihre Aufgabe an, keine One-Woman-Show zu machen, sagte die Landes- und Fraktionsvorsitzende. Im Team funktioniere es besser. Sie habe schon bei ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden gesagt, sie werde die Partei breiter aufstellen. „Das löse ich heute ein.“ Sie wolle eine andere Politik machen und nicht sich in den Vordergrund stellen.
Schleswig-Holstein: SPD-Spitzenkandidat will Ministerpräsident werden
Zunächst hatte Midyatli (46) selbst als Favoritin für die Spitzenkandidatur gegolten, nachdem sie als Chefin der Landespartei bestätigt und zur Nachfolgerin Ralf Stegners an der Spitze der Landtagsfraktion gewählt worden war. Zwar setzte sie sich in einer Kampfabstimmung um die Direktkandidatur im Wahlkreis Kiel-Ost nur knapp gegen einen Lokalpolitiker durch, doch mit ihren Funktionen hatte sie auch das erste Zugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur. Doch sie entschied sich für die Teamlösung.
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„Du bist nicht nur das Herz, sondern der Kopf der Partei“, gab Losse-Müller als Kompliment an Midyatli zurück. Wenn die SPD ihm das Vertrauen gebe, wolle er auch Ministerpräsident werden. Als thematische Schwerpunkte hob der Nominierte Klimawandel, gesellschaftlichen Zusammenhalt, Digitalisierung und bezahlbares Wohnen hervor. Die SPD wolle auch weiterhin Industrieproduktion. Sie sei Scharnier der Gesellschaft und in all ihren Teilen verankert.
Losse-Müller schätzt seine Chancen auf Regierungsposten hoch ein
„Die Chancen sind wirklich sehr gut“, sagte Losse-Müller zu seinen Aussichten, Regierungschef zu werden. Schon jetzt hätte eine „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP eine Mehrheit im Landtag. „Schleswig-Holstein ist ja kein konservatives Land.“ Er wolle einen aktiven, digital und technologisch fitten Staat, der allen Menschen ein gutes Leben sichert, erklärte Losse-Müller.
Er wird sich bei der Landtagswahl absehbar gleich zwei Mal mit Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) messen – im Kampf um den Posten des Regierungschefs und im Ringen um das Landtags-Direktmandat im Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde. Dort treten beide an. Die Regierungszentrale in Kiel wollen aber auch die Grünen erobern. Die Landesliste zur Wahl will die SPD im Februar nächsten Jahres aufstellen und damit auch den Spitzenkandidaten offiziell küren.
SPD-Spitzenkandidat Losse-Müller ist ein Ex-Grüner
Thomas Losse-Müller war erst im vergangenen Jahr von den Grünen zur SPD gewechselt und ist vielen Menschen im Land nicht bekannt. Er hatte in der Regierung von SPD, Grünen und Südschleswigsche Wählerverband (SSW) zunächst von 2012 bis 2014 als Finanzstaatssekretär amtiert und dann bis 2017 als Staatskanzleichef. Nach der Wahl 2017 schied er aus der Landespolitik aus. Seitdem arbeitet er für ein großes Beratungsunternehmen. Losse-Müller hat in Köln und London Volkswirtschaftslehre studiert. Von 2004 bis 2012 arbeitete er als Finanzökonom für die Weltbank in Washington und Frankfurt, bevor er in die Landesregierung wechselte.
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Die Entscheidung der SPD für Losse-Müller statt für Serpil Midyatli zeige, wie es um Frauenförderung und Integration bei den Sozialdemokraten bestellt sei, „wenn es darauf ankommt“, sagte am Samstag CDU-Fraktionschef Tobias Koch auf dem Landesparteitag in Neumünster. (dpa/mp)