Günther erklärt, wie er den Norden durch die Krise führen will
Die Landespolitik im Norden kommt nach ruhigen, heißen Sommerwochen ins Rollen. Ministerpräsident Günther (CDU) will mit einer Regierungserklärung im Landtag den Kurs für Schwarz-Grün abstecken. Auf ihn wartet eine angriffslustige Opposition aus SPD, FDP und SSW.
Nun aber: Zwei Monate nach seiner Wiederwahl wird Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung darlegen, wie er das Land durch diese krisenbelastete Zeit führen will. Die Erwartungen sind hoch, nachdem Günther vor der Sommerpause auf eine solche „große“ Landtagsrede verzichtet hatte. Sie soll nun an diesem Mittwoch kommen. Nicht nur SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller und sein FDP-Kollege Christopher Vogt haben Schwarz-Grün bescheinigt, nicht aus den Startlöchern gekommen zu sein. Auch im Koalitionslager gibt es derartige Stimmen. Eine muntere Debatte im Parlament ist absehbar.
Mittlerweile hat das Regierungsbündnis in einer zweitägigen Kabinettsklausur über sein Arbeitsprogramm beraten und dabei angesichts des drohenden Gasmangels speziell auch Maßnahmen zum Energiesparen erörtert. Mit einer internationalen Konferenz zum Ausbau der Zusammenarbeit im Ostseeraum setzte sie am Freitag in Kiel erste Akzente auch über die Landesgrenze hinaus.
Justizstaatssekretär Carstens (CDU) steht in der Kritik
Nicht gefallen konnte Günther, was sich zuletzt um seinen Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) tat. Gegen ihn wurden zunächst Plagiatsvorwürfe wegen seiner Dissertation publik, dann nahm die Opposition fragwürdige Äußerungen im Wahlkampf unter anderem zum Strafvollzug aufs Korn und schließlich dessen Mitgliedschaft in schlagenden Studentenverbindungen samt eher unsensiblen Äußerungen dazu in der Presse. Anfang September wird dies im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags zur Sprache kommen.
Wie die Opposition hat auch der Politikwissenschaftler Prof. Wilhelm Knelangen einen echten Start der Koalition nach der Regierungsbildung vor zwei Monaten vermisst. „Danach hat es die Regierung geradezu vermieden, in eine öffentliche Debatte über ihre Politik zu treten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dem Landtag sei die kalte Schulter gezeigt worden. „Das fand ich schon bemerkenswert.“ Der Start der Koalition stehe eigentlich noch bevor, findet Knelangen. „Die Opposition, speziell FDP und SPD, ist offensichtlich bereit, jetzt offensiv in die Auseinandersetzung mit der Koalition zu gehen.“
Opposition: Schwarz-Grün kommt nicht aus den Startlöchern
In der ersten Landtagssitzung nach der Sommerpause wird die Koalition zu einer Reihe von Vorstößen aus der Opposition Stellung beziehen müssen. So wollen SPD und FDP die Kitagebühren weiter senken, die Sozialdemokraten mit der Perspektive einer völligen Abschaffung bis 2027. Beide Fraktionen warten gespannt darauf, wie sich dazu die neue Sozialministerin Aminata Touré (29) von den Grünen aus der Debattenaffäre ziehen wird.
Die SPD hat den Vorschlag eines 100 Millionen Euro schweren Entlastungspakets für Bürger angesichts der Energiepreis-Explosionen eingebracht. Und die FDP mit Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg fragt nach einer Strategie der Regierung zum Umgang mit dem Coronavirus im Herbst und Winter. Hierzu ist Gesundheits- und Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) gefragt, die seit zwei Monaten als Seiteneinsteigerin neu im Amt ist und an ihrer neuen Aufgabe sichtlich große Freude hat. Vom Wirbel um ihren Staatssekretär wohl abgesehen.
Kitagebühren, Spritpreise, Pandemie: Diese Themen beschäftigen Schleswig-Holstein
Der SSW hat den Entwurf für ein Tariftreue- und Vergabegesetz vorgelegt. Ein solches hatten die Grünen in ihrem Landtagswahlprogramm verankert – im Koalitionsvertrag mit der CDU aber nicht durchsetzen können. Die Opposition wird das wohl genüsslich aufspießen.
Besonders aktiv hat diese Landtagssitzung die FDP vorbereitet, die Günther mit seiner Entscheidung für ein schwarz-grünes Bündnis statt einer schwarz-gelben Koalition schwer enttäuscht hat. In der Opposition geben sich die Liberalen seit Wochen munter und angriffslustig. Über ein Dutzend Anträge haben sie allein auf den Weg gebracht. CDU und Grüne schafften da allerdings noch ein paar mehr.
Das könnte Sie auch interessieren: Alles nur PR? Bürgermeister Tschentscher auf „Irrlichter“-Reise durch Südamerika
Das Themenspektrum der Sitzung ist sehr breit: Es reicht von hohen Spritpreisen über eine Stärkung der Bundeswehr und den Ärger um die neue Berechnung der Grundsteuer bis zu Schulkosten für Eltern und dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. (dpa/mp)