Reh Timmi
  • Das zwei Jahre alte Reh „Timmi” steht im Wohnzimmer des Hauses, in dem es aufgezogen wurde.
  • Foto: dpa

Im Norden: Reh „Timmi“ schläft im Wohnzimmer

Eine Dithmarscherin kümmert sich um notleidende Tiere. Darunter waren auch Rehkitze, die ihre Mutter verloren haben. Eines hat eine besondere Bindung zu ihr und einen ungewöhnlichen Ort zum Schlafen.

Seit zwei Jahren hat eine Dithmarscher Familie einen ungewöhnlichen tierischen Mitbewohner. Tagsüber ist Timmi mit Artgenossen auf Dithmarschens Feldern unterwegs. Abends kommt das Reh meist nach Hause und schläft im Wohnzimmer der Familie. „Er sollte ausgewildert werden, aber das hat nicht so geklappt“, sagt die Pflegerin, die sich Ati nennt. „Timmi wollte nicht.“

Die frühere Landwirtin hatte schon immer ein Faible für Tiere und kümmerte sich beispielsweise bereits um Waldohreulen. Im Frühjahr 2022 erfuhr sie durch ihren Neffen, der in der Gegend Jäger ist, dass eine Ricke bei einem Wildunfall starb und ein kleines Rehkitz hinterließ. Ati nahm sich des etwa eine Woche alten Tieres an, zog es mit Biestmilch auf. Das ist sehr gehaltvolle und vitaminreiche Erstmilch von Kühen.

Transponder um den Hals

„Wir freuen uns, dass er lebt und noch eine Chance bekommen hat“, sagt Ati. „Der Garten ist offen, er kann kommen und gehen, wie er will.“ Sie stattete Timmi mit einem Transponder aus. Dadurch ist er beispielsweise für Jäger klar zu erkennen und sie weiß stets, wo sich das Reh aufhält.

Timmi lässt sich von der Norddeutschen kraulen, ruft sie ihn, kommt er vom benachbarten Maisfeld zu ihr gelaufen. „Aber nur wenn er will“, sagt Ati. „Ich bin die Mama, er kennt das nicht anders.“ Fremden gegenüber ist das Wildtier scheu. Auch die Schlafzimmertür stehe für ihn offen. „Morgens kommt er dann und schnieft an meinen Ohren.“

Wildbiologe: Tiere in Gruppe aufziehen

Nach Angaben des Landesjagdverbands gehört die Aufzucht von Rehkitzen nur in professionelle Hände. Wildtiere seien keine Kuscheltiere, Ziel der Aufzucht müsse stets sein, keine enge Beziehung zu Wildtieren aufzubauen, sagte der Wildbiologe Frank Zabel. „Auch wenn es in der Natur nicht ihrem Sozialverhalten entspricht, sollten Rehkitze nur in der Gruppe und nicht einzeln aufgepäppelt werden.” Andernfalls bestehe die Gefahr, dass sich die Tiere zu sehr den Menschen gewöhnen und später in der freien Natur nicht mehr zurechtkämen oder gar, im Falle männlicher Rehe, auch mal Menschen angriffen.

Zabel verwies auf tragische Fälle, in denen Rehkitze von Menschen von Feldern eingesammelt und mitgenommen werden, weil sie dort mit Fieplauten nach ihrer Mutter riefen. „Ab einem gewissen Alter langweilen sich junge Rehe schlichtweg mal, wenn die Mutter unterwegs ist, da sind sie uns Menschen sehr ähnlich“, sagte Zabel. Dies dürfe nicht missinterpretiert werden. „Denn das geht nur auf Kosten der Tiere.“

Gruppenaufzucht

So war es bei Timmi aber nicht. Im vergangenen Jahr nahm Ati erneut junge Rehkitze auf, zog eine Gruppe von fünf Tiere auf. Ein Rehkitz schaffte es nicht. Die vier anderen Tiere schafften es mit Atis Hilfe und wurden später ausgegliedert.

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Drei der vier Rehe lassen sich immer noch regelmäßig im Garten der Frau blicken. Es war auch schon ein anderer Rehbock dabei. Was aus dem vierten Reh geworden ist, weiß die Dithmarscherin nicht. Im Gegensatz zu Timmi gehen die ausgewilderten Rehe nicht ins Haus der Familie. Sie sind nicht so zutraulich. (dpa)

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