Grüne Oasen für Hamburg? So sollen Mini-Wälder das Klima verbessern
Grünflächen oder Parks sind für versiegelte Großstadtgebiete in Zeiten des Klimawandels von zentraler Bedeutung. Das Problem: In den Stadtplanungen wird solchen Oasen aus Platzgründen meist zu wenig Raum gegeben. Das Anlegen von besonders schnell wachsenden Mini-Wäldern auf kleinster Fläche könnte Abhilfe schaffen. Ein Projekt nahe Hamburg zeigt, wie das funktionieren kann.
Wir befinden uns am Ortseingang zu Bönningstedt (Kreis Pinneberg), einer Gemeinde mit 4500 Einwohnern in Schleswig-Holstein. Das kleine, von einem Zaun umgebene, wild bewachsene Areal neben der Straße fällt zunächst nicht weiter auf. Bis Pascal Girardot in Erscheinung tritt und stolz durch seinen kleinen Wald führt. Der Franzose ist Gründer des Vereins „Citizens Forests“, der sich für die Wiederaufforstung der Wälder einsetzt.
2019 hat der Verein, dem zurzeit 26 Mitglieder angehören, auf Girardots Betreiben an dieser Stelle zusammen mit 45 Helfern auf einer 210 Quadratmeter großen Fläche 580 Bäume und Sträucher gepflanzt, die in nur zwei Jahren zu einem dichten Wäldchen herangewachsen sind.
„Miyawaki“-Methode: Der Booster für Waldwachstum
Dahinter steckt die so genannte „Miyawaki“-Methode, die auf den japanischen Vegetationskundler und Pflanzensoziologe Akira Miyawaki zurückgeht. Der Japaner entwickelte in den 70er Jahren diesen „Booster für Waldwachstum“, wie es Girardot nennt. Damit lassen sich selbst kleinste Flächen in kürzester Zeit in Waldwildnis verwandeln. Ein Konzept, das besonders in versiegelten Großstädten mit wenig Platz immer beliebter wird.
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„Die „Miyawaki“-Methode schafft es, durch gezielte Aufforstung des Bodens einen Wald innerhalb von zehn bis 15 Jahren entstehen zu lassen. Ansonsten dauert so etwas ungefähr 200 Jahre“, sagt Girardot, der Vollzeit im Außendienst eines Großhandels arbeitet. Die Methode basiert darauf, sich die Gegebenheiten des Grundstückes und der Gegend genauestens anzusehen und profitiert vor allem von der genauen Bodenuntersuchung und der gezielten Auswahl der Pflanzen.
So funktioniert die „Miyawaki“-Methode
Girardot erklärt der MOPO, dass dabei zunächst der Boden aufgelockert und durch natürlichen Dünger, Biomaterial oder Holzspäne angereichert wird. Dann werden verschiedene Setzlinge gepflanzt, die typisch für die Region sind und gut dort leben können. Abschließend wird der Boden durch Rindenmulch oder Stroh gemulcht – er ist durch diese Behandlung vor dem Austrocknen geschützt und sehr lebendig, was den schnellen Wachstum von Baumwurzeln fördert.
Verschiedene Baumarten ergänzen sich bei diesem Zusammenspiel und profitieren voneinander, was das Wachstum beschleunigt. „Durch diese Technik kommen wir auf drei Bäume pro Quadratmeter und diese Bäume haben ein Wachstum von ungefähr einem Meter pro Jahr“, erzählt Girardot. Die Dichte ist damit bis zu 30-fach höher als bei herkömmlichen Pflanzungen.
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Bei entsprechender Pflege kann so schon nach etwa drei Jahren ein einheimischer, autarker und natürlicher Wald entstehen. Nach weiteren zehn Jahren Wachstum unterscheidet sich der Wald nicht mehr von einem Forst, der 200 Jahre alt ist.
Die unterschiedlichen Baumarten haben auch den Vorteil, dass die Kohlendioxidabsorption im Vergleich zu einer Monokulturplantage bis zu 30-fach höher ist. Außerdem kann komplett auf Kunstdünger verzichtet werden, denn der mit der „Miyawaki“-Methode angelegte Wald ernährt sich selbst und unterstützt zudem die lokale Artenvielfalt.
„Besonders gut eignet sich ‚Miyawaki‘ in Städten und auf kleinen Plätzen“, so Pascal Girardot. „Auf einer Fläche ab 60 Quadratmetern kann man solche Wälder anlegen.“ Der Wald mache die Städte nicht nur grüner, sondern verbessere auch die Luftqualität und kühle.
„Miyawaki“ eignet sich besonders für Städte
Girardots Verein steht allerdings noch ziemlich am Anfang: Das Areal in Bönningstedt war der erste „Miyawaki“-Wald in Deutschland. „Citizens Forests“ hat bisher lediglich drei weitere Projekte realisieren können, für diesen Herbst sind nochmal fünf Projekte in Planung.
Gerne würde der Verein auch in Hamburg solche Mini-Wälder pflanzen. „Dafür brauchen wir zwei Dinge: Grundstücke und Unternehmen, die uns unterstützen können“, sagt Girardot. Bereitgestellt werden müsste nur die passende Fläche ab 60 Quadratmetern. Der Verein bringt das Know-How ein und organisiert auch die Finanzierung der Wiederaufforstung durch Spenden.