„Schwindlertruppe“: AfD wehrt sich gegen Ordnungsrufe – und scheitert vor Gericht
Das Hamburgische Verfassungsgericht hat einen Antrag des AfD-Bürgerschaftsabgeordneten Krzysztof Walczak gegen zwei im Parlament gegen ihn ergangene Ordnungsrufe zurückgewiesen. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet, erklärte das höchste Hamburger Gericht. Die angefochtenen Ordnungsrufe seien nicht zu beanstanden.
Walczak hatte sich die Ordnungsrufe in der Bürgerschaftssitzung vom 10. Mai 2023 in der Debatte um den CDU-Antrag „Hamburgs Partnerschaft mit einer Stadt in Israel verwirklichen“ eingefangen. Zunächst hatte er erklärt: „In der Westminster Abbey ist es ein Erzbischof, der dem König von England die Krone auf sein Haupt setzt. Im Hamburger Rathaus sind es hingegen der Ober-Pinocchio Dennis Thering und seine christdemokratische Schwindlertruppe, die der Unwahrheit die Krone aufsetzen.“
AfD: CDU mittelbar für Zunahme des Antisemitismus verantwortlich
Bürgerschaftsvizepräsident André Trepoll ermahnte Walczak daraufhin, sich an den parlamentarischen Sprachgebrauch zu halten. Dieser fuhr daraufhin unter anderem fort: „Wer so wie die CDU mit ihrer Migrationspolitik für den Einlass Hunderttausender Antisemiten nach Deutschland verantwortlich ist, wer so wie die CDU bei jedem Israel-Antrag in unserem Parlament rein taktisch abstimmt, der begibt sich in die Nähe antisemitischer Fahrwasser“ – was ihm den ersten Ordnungsruf einbrachte.

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Der zweite Ordnungsruf und die Androhung, Walczak das Wort zu entziehen, folgte, nachdem dieser gesagt hatte: „Wir werden dem vorgelegten Antrag zustimmen, obwohl – hören Sie gut zu, Herr Thering – die unappetitlichen drei
Buchstaben der deutschen Politik, nämlich C, D und U, auch auf dem hier vorgelegten Antrag stehen, obwohl die Hamburger CDU ein rein instrumentelles Verhältnis zum Staat Israel hat, obwohl die Bundes-CDU mit ihrer Migrationspolitik Antisemitismus und damit eine Vielzahl antisemitischer Übergriffe …“ Weiter kam er nicht.
Walczak erhebt Einspruch
Walczak hatte zunächst in der Bürgerschaft selbst Einspruch gegen die Ordnungsrufe erhoben, der aber in der Parlamentssitzung am 7. Juni 2023 mehrheitlich abgelehnt wurde. In der Folge wandte sich Walczak im November 2024 mit einem Organstreitantrag an das Hamburgische Verfassungsgericht, weil sein Rederecht verletzt worden sei.
Dem widersprach nun das Verfassungsgericht. Die Ordnungsrufe seien erkennbar durch Walczaks Äußerungen ausgelöst worden, mit denen er Angriffe auf die CDU mit dem – vordergründig gegen eine große Zahl eingewanderter Menschen erhobenen – Vorwurf des Antisemitismus verknüpft habe. Dass Trepoll diese Äußerungen als Verletzung der Ordnung des Hauses eingeordnet habe, bewege sich noch innerhalb seines Entscheidungsspielraums. Es könne insbesondere nicht festgestellt werden, dass mit den Ordnungsrufen inhaltliche Positionen aus der parlamentarischen Debatte ausgegrenzt worden seien.
Gericht entscheidet: Ordnungsrufe waren berechtigt
Nach Einschätzung des Gerichts lagen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Vizepräsident die Ordnungsrufe aus einer persönlichen Ablehnung heraus erteilt haben könnte. Sie folgten vielmehr auf der Einschätzung, dass es Walczak in der Debatte gar nicht um eine sachliche Auseinandersetzung gegangen sei, „sondern dass die pauschal migrationspolitisch angeknüpften Antisemitismusvorwürfe maßgeblich auf eine bloße Herabwertung und Provokation zielten“, erklärte das Gericht.
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Walczak selbst sieht sich nun mit dem Urteil einer Gefahr vermehrter Ordnungsrufe gegenüber regierungskritischen Redebeiträgen ausgesetzt. „Dabei sind das Rederecht der Abgeordneten sowie die Meinungsfreiheit besonders schützenswerte Güter“, sagte er. Gleichzeitig erneuerte er seine Behauptung, dass die CDU „mittelbar für eine Zunahme des Antisemitismus in unserer Gesellschaft verantwortlich“ sei. (dpa/mp)
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