Sollten Wölfe im Norden doch wieder bejagt werden?
Die Zahl der Wölfe in Deutschland geht kontinuierlich nach oben. In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Zahl der Rudel seit 2020 mehr als verdoppelt. Das heizt die Debatte darum an, ob der Wolf weiterhin den höchsten Schutzstatus benötigt, oder nicht doch bejagt werden sollte.
Nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) bedarf die Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland einer neuen Bewertung. Dabei müssten auch die Bestände im Westen Polens mit berücksichtigt werden, allem Anschein nach Quellgebiet für die Rückkehr des in Deutschland bis vor wenigen Jahren ausgerotteten Raubtiers.
Wachsende Bestände: Wölfe könnten Schutzstatus verlieren
Die Umweltminister der Länder hätten auf ihrer Konferenz im vorigen Herbst die Bundesregierung gebeten, zum nächsten Treffen eine neue Analyse vorzulegen. „Ich glaube, dass es Sinn macht, die Gesamtpopulation zu sehen, von der polnischen Tiefebene über die neuen Bundesländer bis nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein”, sagte Backhaus. In der Gesamtschau solle dann ermittelt werden, ob inzwischen der gute Erhaltungszustand der Art erreicht ist, „um gegebenenfalls erste Ansätze zu finden, wie man mit dieser Gesamtpopulation umgeht”, sagte Backhaus, ohne jedoch konkret zu werden.
Aktuell sei der Wolf in Deutschland streng geschützt und dürfe nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gejagt werden, etwa wenn ein Tier nachweislich wiederholt Nutztiere gerissen hat, betonte der Minister. Ansonsten gilt der Abschuss eines Wolfs als Straftat.
Jagd auf Wölfe: Lizenzen nach skandinavischem Vorbild
Schaf- und Ziegenhalter in Mecklenburg-Vorpommern hatten unter Hinweis auf Verluste durch sogenannte Wolfsrisse schon mehrfach Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung von Wölfen gefordert. Zudem beklagten sie, dass im Nordosten bislang nicht von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht worden sei, Wölfe zu töten, wenn sie in Herden eingefallen sind.
Auch in der Jägerschaft gibt es Stimmen, die eine Bejagung des Wolfes, etwa nach dem Vorbild Schwedens befürworten. Schwedischen Medienberichten zufolge waren für Januar Lizenzen zum Abschuss von 75 Wölfen vergeben worden. Die Gesamtzahl der in dem skandinavischen Land lebenden Wölfe wird auf 460 geschätzt, der Bestand soll nach behördlichen Vorgaben nicht unter 300 sinken.
Das Bundesamt für Naturschutz gibt unter Hinweis auf das Wolfsmonitoring 2021/2022 die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Wölfe mit etwa 1200 an. Die Tiere lebten demnach in 161 Rudeln. Dazu kamen 43 Wolfspaare sowie 21 sesshafte Einzelwölfe.
In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Zahl der Wolfsrudel innerhalb von drei Jahre mehr als verdoppelt. Dem landesweiten Wolfsmonitoring zufolge existierten im Vorjahr im Nordosten 18 Rudel und sechs Wolfspaare. Hinzu kamen vier Einzelwölfe. Eine Gesamtzahl der Tiere wird nicht genannt. Backhaus wertete die Entwicklung als Beleg für gelungenen Artenschutz, zugleich gingen damit aber auch zunehmende Herausforderungen im Konfliktmanagement einher.
Das könnte Sie auch interessieren: Wolfsangriff: 600-Kilo-Pferd schwerverletzt
So sind im Jahr 2022 landesweit 83 Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere registriert worden. Dabei wurden 293 Tiere getötet und 97 verletzt. Nur im Jahr 2020 lagen die Zahlen bislang höher. Backhaus verwies darauf, dass das Land Schäden ausgleiche, vor allem aber präventiv die Errichtung von Schutzzäunen und die Anschaffung von Herdenschutzhunden finanziell unterstütze. Dafür seien bislang 2,2 Millionen Euro bewilligt worden, im Jahr 2022 allein 410 000 Euro. „Der Schutz der Nutztiere vor einem Übergriff ist für mich eine der wichtigsten Maßnahmen, um mit dem Wolf in Zukunft zu leben“, sagte Backhaus. (dpa/mp)