• Foto: Stefan Tretropp

Totschlag in Rostock: Seinem Kumpel gestand er die Bluttat – aber der glaubte ihm nicht

Rostock –

Der Prozess um die Tötung eines 59-jährigen Bewohners in einem Rostocker Obdachlosenheim ist am Mittwoch am Landgericht in den vierten Verhandlungstag gegangen.

Angeklagt ist der 42-jährige Michael P., der die Tat bereits gestand hat. Weil er „genervt vom Gequatsche“ seines Mitbewohners war, soll er im September 2019 zum Messer gegriffen und Jörg J. erstochen haben – mit insgesamt 46 Messerstichen. Vor Gericht sagte nun der Kumpel des Angeklagten aus, bei dem er nach seiner mutmaßlichen Tat Unterschlupf fand.

„Als er zu mir kam, war er zappelig und aufgeregt“, erklärte Tobias D. Auf einem Briefumschlag hätte er ihm aufgeschrieben, dass er „jemanden abgestochen“ habe. Gleichzeitig habe Michael P. seinen Kumpel darum gebeten, mehrere Tage bei ihm schlafen zu dürfen. „Ich habe ihm das nicht geglaubt“, führte der Zeuge fort. Michael P. habe seinem Kumpel dann auch das gestohlene Portemonnaie des Opfers Jörg J. gezeigt.

Totschlag in Rostock: Bewohner von Obdachlosenheim erstochen

Obwohl Tobias D. auch noch Blutflecken an der Kleidung und am Arm seines Kumpels gesehen habe, schöpfte er noch immer keinen Verdacht, dass die Aussage über die Tötung wahr sein könnte. „Er wollte, dass ich die Polizei rufe, das habe ich aber nicht, weil ich es ihm immer noch nicht geglaubt habe“, führte Tobias D. aus. So ließ Tobias D. seinen Kumpel noch die Kleidung in seiner Wohnung waschen.

Das könnte Sie auch interessieren:Baby am Straßenrand abgelegt – Mildes Urteil nach Kindstötung

Die Tatwaffe, das Messer, mit dem er 46-mal zugestochen haben soll, will der Angeklagte in den Schwanenteich geworfen haben. Noch am ersten Abend, als Michael P. seinen Bekannten aufsuchte, verließ er dessen Wohnung wieder, um Geld vom Konto des Getöteten abzuheben. Sichtlich betroffen berichtete die Tante des Angeklagten, Brigitta R., wie sie davon erfuhr, dass ihr Neffe Anfang September von der Polizei gesucht werde.

Totschlag in Rostock: Angeklagter vertraute sich seiner Tante an

„Er hat mir gesagt, dass er jemanden wegen seines ständigen Gequatsches ermordet hat“, schilderte die 64-Jährige. Michael P. vertraute sich seiner Tante an – auch, weil sein schlechtes Gewissen immer größer geworden sein soll – und beschrieb ihr gegenüber: „Ich wollte ihn nicht umbringen, ich wollte nur, dass er still ist.“

Als Michael P.s Tante auf das bisherige Leben ihres Neffen angesprochen wurde, sprach sie von einer Abwärtsspirale, die dann begann, als sich der Bruder von Michael P. das Leben nahm. Er sei dann auf die schiefe Bahn geraten: Alkoholkonsum, Arbeitsplatzverlust, Beziehungsende. Der Angeklagte selbst wirkte bei diesen Schilderungen teilnahmslos, zeigte keine Regung.

Totschlag in Rostock: Rätsel um die Wut des Angeklagten

Noch immer rätselt das Gericht darüber, woher die Wut, die der Angeklagte gehabt haben muss, kam. „Bei 46 Messerstichen muss man sehr viel Kraft aufwenden und sehr wütend sein“, sagte Richter Peter Goebels abschließend. Kurz vor der Verhandlung tauchte ein Mann im Gerichtssaal auf, der angeblich Wichtiges zum Verfahren beizutragen hätte. Als dieser später vernommen werden sollte, war er nicht mehr auffindbar. Der Prozess geht am Donnerstag weiter.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp