Stefan Deerberg fühlt sich wohl in seinem eigenen Tiny House
  • Nach seiner Segeltour um die Welt erfüllte sich Stefan Deerberg den Traum vom eigenen Tiny House.
  • Foto: Florian Quandt

Vom Segelboot ins selbstgebaute Tiny House

Mehr als 30 Jahre lang war Stefan Deerberg (62) erfolgreich an der Spitze seines eigenen Naturmode-Versandhandels mit 260 Mitarbeitern und Millionenumsätzen. Klar könnte er anders wohnen. Doch die schmucken 28 Quadratmeter mit den großen Fenstern sind alles, was er braucht. Nachdem er jahrelang um die Welt gesegelt war, zog der Unternehmer im vergangenen Sommer in sein selbstgebautes Tiny House in einem kleinen Örtchen nahe Lüneburg.

Die Sonne fällt durch die großen Fenster. Im Garten glitzert der Schnee. Stefan Deerberg steht im kurzärmeligen Hemd in der Küche und macht Kaffee. „Schön warm hier drin. Obwohl ich nicht geheizt habe. Das schafft allein die Sonne“, sagt der zurückhaltend wirkende Mann mit ruhiger Stimme. Über ihm an der hohen Holzdecke ein Propeller. Ein Original des bekannten Jagdfliegers Manfred von Richthofen. Wie es dazu kam, dass er in ein solch kleines Haus zog? Das sei eigentlich ganz einfach. „Schon immer fand ich es spannend, mich wohnmäßig auf das Wesentliche zu reduzieren. Und schon immer dachte ich darüber nach, um die Welt zu segeln. Da hat man auch nicht viel Platz.“

Erst kam das Segeln. Mit seiner zweiten Ehefrau verkaufte Stefan Deerberg sein Haus, seine Möbel, den größten Teil seines Besitzes und stieg aus dem operativen Geschäft bei „Deerberg“ aus. 2016 ging es auf Segeltour mit einem 16 Meter langen Zweimaster – ohne Zeitplan, ohne konkrete Route. Fünf Jahre segelte das Paar um die Welt. Durch Europa, nach Westafrika, Südamerika, in die Karibik. Irgendwann fehlten die Familie und Freunde zu sehr. „Als ich wieder zurück war, fragte ich mich, was ich jetzt machen soll.“ In seinem Unternehmen fungiert er nur noch als Vorsitzender des Beirats. „Da habe ich beratende Tätigkeiten, aber nicht wirklich viel zu tun.“ Hinzu kam die Trennung von seiner Ehefrau. Also nahm er das Projekt Tiny House in Angriff und stieß im Internet auf den Tiny House-Bauer Mathias De Santis aus Echem. „Der hatte dann zufällig gerade einen passenden Trailer.“

Sein eigenes Tiny House baute Stefan Deerberg selbst – Mit ein wenig Hilfe. Florian Quandt
Stefan Deerberg in seinem eigenen Tiny House.
Sein eigenes Tiny House baute Stefan Deerberg selbst – Mit ein wenig Hilfe.

Sich sein Häuschen bauen lassen, konnte sich Stefan Deerberg nicht vorstellen. Er wollte es selber bauen – mit Unterstützung des Fachmanns. Etwa 1000 Arbeitsstunden schuftete der Unternehmer ein halbes Jahr lang. Nur bei den individuell gefertigten Fenstern und dem Zinkdach ließ er die Profis ran. Woher er das kann? „Ich habe Maschinen- und Flugzeugbau gelernt und schon viel handwerklich gemacht. Das hat mich immer gereizt. Viel mehr als dieses ganze Business“, sagt er und berichtet, wie er zum Unternehmer wurde. Irgendwie sei er da so reingerutscht. Ursprünglich hatten seine erste Ehefrau und er die Firma 1986 gegründet, um selbstbestimmt arbeiten und für die beiden kleinen Kinder sorgen zu können. Dass ihr Unternehmen derart erfolgreich werden würde, ahnten sie nicht, als sie in den 80er Jahren abends mit Koffern voller Schuhe zu „anthroposophischen Familien loszogen, die Birkenstock haben wollten“.

Mehr als 30 Jahre später steht der Unternehmer in seinem Tiny House und zeigt stolz sein Badezimmer. Mit Badewanne. Die musste sein. Auch die ökologische Bauweise und die vielen Fenster waren ihm wichtig. In seinem zwölf Meter langen und drei Meter breiten Zuhause ist alles genau, wie er es wollte. Vorne der zwei Stufen höherliegende Wohnbereich mit Ecksofa und großer Fensterfront, dahinter die Küche mit Essbereich und Kaminofen, gefolgt vom Badezimmer, auf dem eine Schlafebene für Gäste eingezogen wurde. Den Abschluss macht sein Schlafzimmer mit Dachfenster „durch das ich abends den Mond beobachte.“

Aus seinem Bett im Tiny House kann Stefan Deerberg abends die Sterne und den Mond beobachten. Florian Quandt
Der Mond lässt sich aus dem Tiny House-Bett abends beobachten.
Aus seinem Bett im Tiny House kann Stefan Deerberg abends die Sterne und den Mond beobachten.

Sich in seinem Häuschen fühlen, als sein man permanent draußen, ist für Stefan Deerberg Luxus. Nach mehr hat er kein Verlangen. Tiny Living bis ans Lebensende – das kann er sich gut vorstellen. Allerdings nicht immer am selben Ort. Seine Idealvorstellung wäre, ein paar Monate im Jahr im Tiny House zu leben und ein paar auf dem Boot. Beides recht eng. Aber das stört ihn nicht. Wenig Besitz zu haben – für den Unternehmer ein sehr „befreiendes Gefühl“.

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