Alles auf Kanzler-Karte: Union will künftige Koalition führen – oder in die Opposition
Berlin –
Hopp oder top, Sekt oder Selters: Die CDU will nach der Bundestagswahl den Kanzler stellen – oder schnurstracks in die Opposition gehen. Unter einer Kanzlerin Annalena Baerbock (Grüne) drohe eine „Selbstverzwergung“ der Union, lautet ein Argument. Was steckt hinter dieser Ansage?
„Wenn die Union nicht mehr den Kanzler stellt, dann ist sie faktisch abgewählt. Und eine abgewählte Partei muss einen anderen Weg der Erneuerung antreten – in der Opposition“, sagte CSU-Chef Markus Söder kürzlich in einem Interview. Auch Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsunion in der CDU, erteilt einer Koalition unter grüner Führung eine Absage. „Dann würden wir uns im Bund verzwergen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Wahlkampf: CDU setzt alles auf die Kanzler-Karte
Die CDU hat schon immer den Anspruch, den Kanzler zu stellen – und hat es die überwiegende Zeit in der Bundesrepublik auch getan. Doch in den Bundesländern backt die Partei schon länger deutlich kleinere Brötchen: In Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg fügt sich die CDU brav in die Rolle des Juniorpartners.
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Warum also lehnen sich Söder und Linnemann so weit aus dem Fenster? Schließlich sind nach der Bundestagswahl durchaus Konstellationen denkbar, die kein anderes Bündnis als Grün-Schwarz zulassen. Zum einen haben die Politiker wohl das Schicksal der SPD vor Augen. Diese hat – ähnlich wie die FDP – die Erfahrung gemacht, dass gemeinsame Erfolge der Koalition vor allem auf die Beliebtheit der Kanzlerin eingezahlt haben.
Die Botschaft der beiden Herren soll also wohl vor allem die eigene Basis aufrütteln und ein Signal an unentschlossene Wähler senden: Entweder ihr bringt uns ins Kanzleramt oder ihr müsst mit einem wie auch immer gearteten linken Bündnis leben.
Will Söder Laschet doch noch aus dem Amt kicken?
Laut der jüngsten Forsa-Umfrage für RTL/n-tv reicht es für das klassische konservative Schreckgespenst Grün-Rot-Rot derzeit aber gar nicht. Deutlich bessere Chancen hätte eine andere Konstellation ohne die Union: die „Ampel“ aus Grünen, SPD und FDP. Bei Forsa kommen die Grünen derzeit auf 25 Prozent, die Union auf 24, gefolgt von der SPD (14), der FDP (13), der AfD (10) und der Linken (6).
Möglicherweise verfolgt Söder mit seiner Festlegung aber noch ein ganz eigenes Ziel: Sollte er die Union auf sein „Alles oder nichts“ festlegen können und Grün-Schwarz am Wahltag die einzige Option sein, könnte es im schlimmsten Fall auf Neuwahlen hinauslaufen. Dann würde die Union nicht erneut mit Armin Laschet antreten – sondern wohl mit einem Herrn aus Bayern.