#allesdichtmachen: Welche Schauspieler zurückrudern, welche knallhart bleiben
Berlin –
Nach ihrer Aktion unter dem Motto „#allesdichtmachen“ haben Richy Müller und Ulrike Folkerts nun Fehler eingeräumt. Sie und etwa 50 weitere deutsche Schauspieler hatten unter dem Hashtags Videos gepostet, in denen sie die Corona-Politik der Bundesregierung verhöhnten und damit teils heftige Kritik geerntet. Währenddessen verteidigt Schauspielkollege Jan Josef Liefers die Aktion.
Am Freitagabend bezeichnete „Tatort“-Schauspielerin Ulrike Folkerts ihre Beteiligung bei „#allesdichtmachen“ auf Instagram als Fehler. „Die Videos, die entstanden sind, wurden falsch verstanden, sind vielleicht falsch zu verstehen“, so Folkerts. „Ich habe einen Fehler gemacht, ich war naiv genug zu glauben, mit meinen Kollegen*innen ein gewinnbringendes Gespräch in Gang zu bringen. Das Gegenteil ist passiert.“ Es täte ihr leid, „Menschen verletzt und vor den Kopf gestoßen zu haben“.
Schauspieler distanzieren sich von satirischer Aktion „#allesdichtmachen“
Die Corona-Maßnahmen bezeichnete Folkerts als „absolut richtig“. Sie sei weit davon entfernt, „Querdenkern und Rechten Argumente in die Hände zu spielen“, betonte sie. „Es ist furchtbar, dass man mir das unterstellt.“ Die Aktion sei „schief gegangen und unverzeihlich“.
Auch Schauspieler Richy Müller distanzierte sich inzwischen von der Aktion. „Ich musste feststellen, dass mein Video vielen Menschen wehgetan hat, die ich niemals kränken oder veralbern wollte“, sagte der 65-Jährige dem Nachrichtensender ntv. Er sei blauäugig gewesen. Dabei sei er indirekt sogar selbst betroffen: „Die Tochter meiner Frau ist mit Anfang 20 zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankt. Und sie hatte ein halbes Jahr lang Probleme mit der Atmung.“
„#allesdichtmachen“: Jan Josef Liefers rechtfertigt sich
Währenddessen hat „Tatort“-Rechtsmediziner Jan Josef Liefers in der Radio Bremen-Talkshow „3nach9“ versucht, die Aktion zu erklären und zu rechtfertigen. Es gebe „nicht nur auf der Seite der Erkrankten Trauer und Leid, sondern auch auf der Seite derer, die unter diesen Maßnahmen inzwischen nun wirklich anfangen zu leiden.“ Diese Menschen sehe er „nicht so richtig vertreten.“
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„Wenn man dann was sagt, passiert das eben durch so framingartige Situationen, dass man sofort ziemlich radikal in so Ecken gepusht wird, in die man gar nicht reingehört“, sagte Liefers. Es gebe Menschen, die man gerade verliere, weil es für sie keine Stimme gebe.
Liefers gibt zu: „Ironie vielleicht wirklich ein ungeeignetes Mittel“
Für ihn sei in der Corona-Krise nicht ersichtlich, wie Entscheidungen zustande kämen. „Mir fehlt im Moment die Transparenz. Wie kommt eine Bundesregierung nach so vielen im Grunde halben, Viertel, ganzen, Dreiviertel-Lockdowns auf die Idee, es immer wieder zu machen?“
Dennoch fände Liefers „den Punkt interessant, dass vielleicht Ironie wirklich ein ungeeignetes Mittel ist“.
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Das sieht auch Hamburgs Kultursenator und Präsident des Deutschen Bühnenvereins Carsten Brosda (SPD) so. Er erklärte, dass die Kultur zwar gerade überproportional getroffen sei. „Ironie und Sarkasmus aber lösen diese aktuellen Widersprüche in die falsche Richtung auf und drohen zynisch zu wirken. Bei allem Frust, kann Zynismus nicht die richtige Haltung sein“, so Brosda.
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda äußerts sich differenziert zu den Videos
Die Aktion zeige jedoch, „wie zunehmend fragil die Lage in unserer Gesellschaft ist“, sagte der SPD-Politiker. „Sie zeigt auch, dass wir uns kümmern müssen und die Widersprüche unserer Zeit aussprechen und diskutieren müssen. Aber bitte konstruktiv und nicht bloß sarkastisch“, wandte Brosda ein.
„Das, was sich im Moment falsch anfühlt, ist schließlich bei aller Kritik im Detail im Kern richtig und notwendig“, sagte der Bühnenvereins-Präsident mit Blick auf die Corona-Maßnahmen. „Es ist wichtig, dass wir diese Widersprüche aushalten.“
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Brosda warb für „dialektische Zuversicht“: „Jetzt klar und wirklich konsequent gegen die Ausbreitung des Virus handeln, damit eine klare Perspektive für den Neustart der Kultur entsteht. So muss das gehen.“ (dpa/prei)