Corona-Gipfel: Regelverschärfungen drohen – aber keine Einigung beim Thema Schulen
Berlin –
Erst mal noch abwarten oder schon jetzt nachlegen im Kampf gegen die Corona-Pandemie? Darüber entscheiden Bund und Länder am Montagnachmittag. Vorschläge vom Bund weisen in Richtung Verschärfung – aber das ist umstritten.
Angesichts weiterhin hoher Corona-Infektionszahlen könnten auf die Menschen in Deutschland noch strengere Einschnitte im Alltag zukommen. Vor dem Bund-Länder-Gespräch am Montag entschärfte die Bundesregierung ihre Vorlage für die Videokonferenz allerdings in einem Punkt: Neue und einheitliche Auflagen für Schulen sollen demnach vorerst nicht beschlossen werden.
Länder sollen Vorschlag zur Corona-Schulpolitik einreichen
Stattdessen sollen die Länder bis zur kommenden Woche einen Vorschlag vorlegen, wie Ansteckungsrisiken im Schulbereich weiter reduziert werden können. Bei seinen Vorschlägen zu deutlich strengeren Kontaktbeschränkungen blieb der Bund aber zunächst.
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Das geänderte Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Im ursprünglichen Papier für die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder war etwa vorgesehen, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für Schüler aller Jahrgänge und für Lehrer auf dem Schulgelände und während des Unterrichts vorzuschreiben. Ausnahmslos sollten feste Gruppen von Schülern gebildet werden, wobei die Gruppengrößen gemessen am Regelbetrieb halbiert werden sollten.
Maßnahmen im Schulbetrieb umstritten
Bereits am Wochenende hatte sich allerdings abgezeichnet, dass weitere Maßnahmen im Schulbereich umstritten sind. Aus Vorberatungen verlautete, man sei sich im Grundsatz einig, dass die Schulen geöffnet bleiben sollten. Eine Mehrheit der Länder wolle aktuell nichts an den Regelungen ändern. Nach weiteren Vorbesprechungen am Montag hieß es aus Teilnehmerkreisen, das Thema sei sehr sensibel.
Schulpolitik ist Ländersache – die Umsetzung der Kontaktbeschränkungen allerdings auch. Diese will der Bund weiterhin deutlich verschärfen. Unter anderem sollen sich weniger Menschen verschiedener Haushalte treffen dürfen, auf private Feiern soll bis zum Weihnachtsfest ganz verzichtet werden.
Auf private Feiern soll bis Weihnachten verzichtet werden
Zur Begründung heißt es im Papier: „Der Verlauf der letzten Tage lässt hoffen, dass die hohe exponentielle Infektionsdynamik gestoppt werden konnte, ein Sinken der Neuinfektionszahlen ist jedoch noch nicht absehbar. Deshalb sind weitere Anstrengungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens erforderlich.“ Vorgeschlagen wird zudem ein weiteres Treffen eine Woche später, am 23. November.
Bisher fehlt es weiter an deutlichen Anzeichen für eine Trendumkehr beim Infektionsgeschehen. Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) nach Angaben vom Montag 10.824 neue Infektionen binnen 24 Stunden. Das sind zwar rund 6100 Fälle weniger als am Sonntag, der Montagswert lag aber auch in den vergangenen Wochen unter dem vom Sonntag. Am Wochenende wird weniger getestet.
Die 7-Tage-Inzidenz lag demnach am Sonntag bei 143 Fällen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner. Ziel der Bundesregierung ist es, an eine Inzidenz von 50 heranzukommen, damit Kontakte von Infizierten nachvollzogen werden können. Auf den Intensivstationen in Deutschland werden nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft 3500 Covid-19-Patienten behandelt – und damit 20 Prozent mehr als bei der ersten Welle im Frühjahr.
Neue Vorschläge zur Corona-Eindämmung im Überblick
Vor zwei Wochen – am 2. November – war der Teil-Lockdown in Kraft getreten, der unter anderem Kneipen und Restaurants sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen in eine weitere Zwangspause schickte. Auch für persönliche Treffen gelten Einschränkungen. Von Bundesland zu Bundesland sind die Regeln aber im Detail verschieden. In der Videokonferenz mit den Länderchefs an diesem Montag sollte eine Zwischenbilanz gezogen werden. Aus Sicht des Bundes reichen die Maßnahmen noch nicht aus. Die weiteren Vorschläge im Überblick:
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN
Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll nach dem Willen des Bundes nur mit den Angehörigen des eigenen und maximal zwei Personen eines weiteren Hausstandes gestattet sein. „Dies gilt verbindlich, und Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden sanktioniert“, heißt es im Papier.
PRIVATE TREFFEN
Trotz der bereits geltenden Bestimmungen zum Infektionsschutz würden die Ansteckungen weiterhin „im privaten Umfeld und außerhalb des öffentlichen Raumes stattfinden“, heißt es im Papier. Zur Senkung der Gefahr sollten Kinder und Jugendliche angehalten werden, sich nur noch mit einem festen Freund in der Freizeit zu treffen. Auch private Zusammenkünfte mit Freunden und Bekannten sollten sich generell nur noch auf einen festen weiteren Hausstand beschränken. Seit dem 2. November gilt, dass sich nur Angehörige des eigenen und eines weiteren Hausstands in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen, maximal jedoch zehn Personen.
QUARANTÄNE-REGELN
Der Bund empfiehlt allen Menschen mit Erkältungssymptomen und insbesondere bei Husten und Schnupfen, sich unmittelbar nach Hause in Quarantäne zu begeben. „Dort sollen sie fünf bis sieben Tage bis zum Abklingen der Symptome verbleiben“, heißt es. Dort sei darauf zu achten, die Distanz auch zu anderen Mitgliedern des Hausstandes und insbesondere zu Risikogruppen im Haushalt zu wahren. „Die Krankschreibung soll telefonisch durch den Hausarzt erfolgen zunächst ohne Präsenzbesuch in der Praxis.“ In Absprache mit dem Arzt werde auch geklärt, ob ein Corona-Test erforderlich sei.
SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN
Besonders gefährdete Menschen wie Alte, Kranke oder Personen mit Vorerkrankungen sollen nach dem Willen des Bundes zum Schutz vor dem Coronavirus von Dezember an vergünstigte FFP2-Masken erhalten. Um das Risiko einer Infektion zu reduzieren, werde der Bund auf seine Kosten für diese Bevölkerungsgruppe die Abgabe von je 15 dieser Masken gegen eine geringe Eigenbeteiligung ermöglichen. Das ergebe rechnerisch eine Maske pro Winterwoche. Zudem wird geraten, Besuche bei besonders gefährdeten Menschen nur dann zu unternehmen, wenn alle Familienmitglieder frei von Symptomen seien und sich seit einer Woche in keine Risikosituationen begeben hätten.
IMPFZENTREN
Die Länder sind gehalten, ihre Impfzentren und -strukturen ab dem 15. Dezember so vorzuhalten, dass eine kurzfristige Inbetriebnahme möglich ist. Bis Ende November sollen die Länder dem Bund mitteilen, wie viel Impfungen sie am Tag planen.
NACHVERFOLGUNG VON INFEKTIONEN
Da eine vollständige Nachverfolgung von Kontakten oft nicht möglich ist, sollen bei Ausbruchsgeschehen in einem bestimmten Cluster wie einer Schule oder einem Unternehmen die Maßnahmen wie eine Quarantäne auch ohne positives Testergebnis angewendet werden. „Mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit ist die Isolierung von Kontakt- bzw. Ausbruchsclustern im Vergleich zu Beschränkungsmaßnahmen ein milderes Mittel“, heißt es.
GESUNDHEITSÄMTER
Bis Ende des Jahres sollen die neuen digitalen Werkzeuge zur Erfassung der Infektionen in den Behörden deutlich stärker genutzt werden. Zudem soll die Corona-Warn-App fortwährend verbessert und mit neuen Funktionen angeboten werden.
Manuela Schwesig mahnt zur Geduld
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig mahnte Bund und Länder zur Geduld. „Es ist erst zwei Wochen her, seitdem die November-Schutzmaßnahmen in Kraft getreten sind. Ich halte jetzt nichts von voreiligen weiteren Schließungen oder Lockerungen“, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auf Twitter schrieb sie am Montag: „Für unser Land hat Priorität, Kita & Schule offen zu halten.“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach sich vor der Videoschalte gegen neue Einschränkungen für die Wirtschaft aus. „Eine weitere Verschärfung für die Wirtschaft – ich glaube, das wäre jetzt an der Stelle zu früh und auch falsch, ein solches Signal zu senden“, sagte er. Zugleich plädierte der CSU-Chef dafür, Schulen weiterhin so lange wie möglich offen zu lassen – aber eine deutschlandweit einheitliche Maskenpflicht einzuführen. (dpa)