• Warnschild der britischen Regierung.
  • Foto: dpa/PA Wire

Corona-Lage: Wie gefährlich sind die Mutationen wirklich?

Immer wieder ist von den gefährlichen Corona-Mutationen die Rede, die das Virus noch gefährlicher, noch ansteckender machen. Doch was hat es mit den Mutationen eigentlich auf sich? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum mutieren Viren?

Bei der Reproduktion der Viren verändern sich die Erbinformationen, es passiert quasi ein Kopierfehler. Die Veränderungen können größer und kleiner ausfallen, mal sind zum Beispiel ganze Genblöcke betroffen, mal nur einzelne Bausteine. Wie andere Viren mutiert das Coronavirus daher häufig und zufällig. Weil es derzeit weltweit so weit verbreitet ist, kommt es absolut gesehen auch zu vielen Mutationen – seit Beginn der Pandemie wurden zahlreiche Veränderungen in den Erbgutsequenzen erfasst.

Welche Mutationen sind gerade wichtig und wo gibt es sie?

Für Europa besonders relevant sind derzeit die Virusvarianten B. 1.1.7 aus Großbritannien und 501Y.V2 aus Südafrika. Laut der World Health Organisation (WHO) hat sich die britische Mutation bereits in 60 Ländern, die südafrikanische in 23 Ländern verbreitet. Außerdem wurde in Brasilien eine weitere Variante ähnlich der südafrikanischen entdeckt, die derzeit beobachtet wird.

Wie gefährlich sind die Mutationen?

Die Variante B. 1.1.7 aus Großbritannien hat sich unter anderem an den sogenannten Spike-Proteinen verändert, die den Kranz um das Virus bilden. Mit den Proteinen dringt das Virus in menschliche Zellen ein – bei der veränderten Variante gelingt das nun leichter. Daher ist diese Virusmutation ansteckender. Wie groß der Effekt ist, wird derzeit untersucht: Annahmen rangieren zwischen 50 und 70 Prozent. Der Virologe Christian Drosten geht von einem kleineren Prozentsatz aus. Auch von der Variante 501Y.V2, die sich in Südafrika durchgesetzt hat, wird angenommen, dass sie ansteckender als die herkömmliche Variante ist.

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Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die Mutationen schwerere Krankheitsverläufe auslösen. Trotzdem: Dadurch, dass sich mehr Menschen mit dem Virus infizieren, kommt es in den betroffenen Ländern auch zu mehr Todesopfern.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Beide Virusvarianten wurden vereinzelt in Deutschland nachgewiesen, die Dunkelziffern liegen aber vermutlich weit höher. Um festzustellen, von welcher Virusvariante ein Patient betroffen ist, muss das Virus sequenziert werden. Dabei wird die RNA (Ribonukleinsäure) des Virus bestimmt und Veränderungen entdeckt. Beim Corona-Gipfel am vergangenen Dienstag wurde beschlossen, dass die Sequenzierungen nun vermehrt durchgeführt werden sollen.

Was bedeutet das fürs Pandemie-Geschehen?

Die größere Ansteckung hat auf das weltweite Pandemiegeschehen einen großen Einfluss: Durch die stärkere Verbreitung gibt es mehr Todesopfer, auch die Gefahr, dass Krankenhäuser überlastet werden, steigt. Eine besondere Rolle spielt der exponentielle Anstieg: Adam Kucharski, Professor an der Londoner School of Hygiene and Tropical Medicine, zeigt das mit einem Rechenbeispiel auf Twitter: Während bei 10.000 aktiven Fällen bei der herkömmlichen Variante mit einer Ansteckungsrate von 1,1 und einer Todesrate von 0,8 innerhalb eines Monats mit 129 Toten gerechnet werden muss, wären es bei einer um 50 Prozent gestiegenen Ansteckungsrate schon 978 Todesopfer – und das im gleichen Zeitraum.

Auch das RKI bezeichnet die Verbreitung beider Varianten in einigen Staaten als „besorgniserregend“. Derzeit ist das besonders in Portugal zu beobachten, wo das Pandemie-Geschehen ein neues Hoch erreicht hat. Laut Gesundheitsbehörde macht die Variante B. 1.1.7 13 Prozent der Neuinfektionen aus, Gesundheitsministerin Marta Temido sprach im Sender „RTP“ sogar von 20 Prozent. Nächste Woche könne der Anteil auf 60 Prozent ansteigen. Beim bisherigen Höchststand am vergangenen Mittwoch wurden in dem rund 10-Millionen-Einwohner-Land 14.647 Neuinfektionen gemeldet. Diese Ansteckungsrate würde in Deutschland knapp 120.000 Neuinfektionen an einem Tag bedeuten.

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Sind die Impfstoffe wirksam?

Wahrscheinlich ja. Besonders eine Laborstudie, deren Ergebnisse am Mittwoch veröffentlich wurden, deutet darauf hin, dass der Biontech-Pfizer-Impfstoff gegen Erkrankungen durch die Variante B. 1.1.7 schützt. Laut der „Zeit“ überarbeiten Wissenschaftler der Universität Oxford außerdem gerade den Impfstoff des Konzerns „AstraZeneca“, damit er zielgerichtete gegen die Virusmutationen eingesetzt werden kann.

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