Taleb A. wurde nach der Todesfahrt von Magdeburg festgenommen.
  • Taleb A. wurde nach der Todesfahrt von Magdeburg festgenommen.
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Todesfahrt von Magdeburg: Das wissen wir über Taleb A.

Einen Tag nach der Todesfahrt auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden bekannt. Doch vieles ist noch unklar.

Der mutmaßliche Täter Taleb A. hinter der Todesfahrt vom Magdeburger Weihnachtsmarkt ist als islamkritischer Aktivist bekannt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bezeichnet sich der 50-jährige Arzt, der aus Saudi-Arabien stammt und seit 2006 in Deutschland lebt, selbst als Ex-Muslim. Er war nach der Todesfahrt festgenommen worden. Die Polizei kennt nach eigenen Angaben noch keine Hintergründe zur Tat – geht aber von einem Einzeltäter aus.

Todesfahrer: Wirre Vorwürfe im Netz

Taleb A. wird verdächtigt, mit einem Auto am frühen Freitagabend auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt in eine Menschengruppe gefahren zu sein. Es starben mindestens fünf Menschen, mehr als 200 wurden verletzt, viele davon schwer. Viele Fragen sind offen – allen voran nach den Motiven des festgenommenen Tatverdächtigen. „Wir ziehen alles in Betracht“, sagte eine Sprecherin der Polizei am Morgen.

Todesfahrt von Magdeburg: Das Standbild aus einem Video zeigt Polizisten bei der Festnahme des Tatverdächtigen dpa-Bildfunk
Magdeburg: Das Standbild aus einem Video zeigt Polizisten bei der Festnahme des Tatverdächtigen
Todesfahrt von Magdeburg: Das Standbild aus einem Video zeigt Polizisten bei der Festnahme des Tatverdächtigen


Der 50-Jährige arbeitete nach MDR-Informationen zuletzt in der Salus-Klinik in Bernburg (Salzlandkreis) als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Dies bestätigte auch die Klinik. Seit 2020 war der Täter im Maßregelvollzug für suchtkranke Menschen beschäftigt. In letzter Zeit sei er vermehrt arbeitsunfähig gewesen.

Das Motiv des Mannes bleibt auch am Folgetag der Amokfahrt noch schleierhaft. In sozialen Medien und Interviews erhob der Tatverdächtige zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. In den sozialen Medien zeigte er sich extrem islamkritisch und fürchtete einen Islamisierung Deutschlands.

Nachdem er vor Jahren mit seiner Unterstützung für saudische Frauen, die aus ihrem Heimatland fliehen, an die Öffentlichkeit gegangen war, schrieb er später auf seiner Website in englischer und arabischer Sprache: „Mein Rat: Bittet nicht um Asyl in Deutschland.“ Nach MDR-Informationen soll der 50-Jährige bis zuletzt eine prominente Figur in der saudischen Exil-Community gewesen sein und als Ansprechpartner für Asylsuchende gegolten haben.

Todesfahrer soll bereits vor einem Jahr „bald die Rache“ angekündigt haben

Taelb A. soll offenbar Unterstützer der AfD gewesen. Durch den „Spiegel“ und den MDR auf Echtheit geprüfte Posts auf der Platform X zeigen dies. Im Sommer repostete er demnach einen Tweet der AfD-Chefin Alice Weidel mit den Worten „Die Linken sind Verrückt. Wir brauchen AfD, um die Polizei vor sich zu schützen.“ Vor gut einem Jahr veröffentlichte A. zudem einen mittlerweile gelöschten Post, in dem er dem deutschen Staat vorwarf, Flüchtlinge aus Saudi-Arabien zu verfolgen, um deren Leben zu zerstören. Nach „Welt“-Informationen habe der mutmaßliche Täter „bald die Rache“ angekündigt.

Saudi-Arabien habe saudischen Sicherheitskreisen zufolge Deutschland vor dem mutmaßlichen Täter Taleb A. der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gewarnt. Das Königreich habe seine Auslieferung beantragt, darauf habe Deutschland nicht reagiert, hieß es. 

Der Mann stammt demnach aus der Stadt Al-Hofuf im Osten Saudi-Arabiens. Er sei Schiit gewesen. Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung in dem mehrheitlich sunnitischen Land sind schiitisch. Es gibt immer wieder Berichte über Diskriminierungen gegenüber Schiiten im Land. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin hatte es vor rund einem Jahr eine Art Warnhinweis zu dem Mann an die deutschen Behörden gegeben.

Gegner des Herrscherhauses sind sich durchaus bewusst, dass sie auch im Ausland weiter auf dem Radar der Behörden ihres Heimatlandes sind – spätestens seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. US-Geheimdienste sehen den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman als Drahtzieher hinter der Tat. Das Königshaus weist das zurück. 

Amok-Fahrt: 400 Meter über den Weihnachtsmarkt

Der 50-Jährige war am Tatort von Einsatzkräften gestellt und festgenommen worden. Nach Angaben der „Bild“ unter Berufung auf die Polizei erstreckte sich seine Amok-Fahrt auf dem Gelände des Weihnachtsmarktes über 400 Meter. 

Video soll Festnahme des Verdächtigen zeigen

Ein Handyvideo soll die Festnahme von Taleb A. zeigen. In dem Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: „Die Hände auf den Rücken!“ und „Bleib liegen!“ Der Mann legt sich neben einem schwarzen – sichtbar beschädigten – Auto auf den Boden und befolgt die Anweisungen. Schließlich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den liegenden Verdächtigen. 

Rund acht Jahre nach Berliner Weihnachtsmarktanschlag

Fast auf den Tag genau vor acht Jahren, am 19. Dezember 2016, war in Berlin ein islamistischer Terrorist mit einem entführten Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Dabei wurden 12 Menschen getötet, das 13. Opfer starb 2021 an den Folgen. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde. Die Berliner Polizei erhöht nun ihre Präsenz auf den Berliner Weihnachtsmärkten nach der tödlichen Attacke auf den Magdeburger Markt. Das teilte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) mit. (mp/dpa)

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