Erzkonservativ vs. ultraliberal: Diese Wahlsieger verkörpern die Gegensätze der USA
Delaware/ North Carolina –
Die Schlacht um das Weiße Haus ist derzeit noch in vollem Gange. Doch klar ist: Die USA sind gespalten wie nie. Während ein Teil des Landes immer liberaler, diverser und sozialer wird, rücken auf der anderen Seite die Strenggläubigen und Erzkonservativen zusammen. Jede Seite fürchtet die andere. Ein Blick auf zwei neugewählte Mitglieder von Senat und Kongress verdeutlicht das.
Die jüngsten Wahlergebnisse in Senat und Kongress könnten die Entwicklung in den USA nicht besser repräsentieren: Auf der einen Seite die Siegerin Sarah McBride (30) in Delaware, die erste Transgender-Politikerin, die in den Senat gewählt wurde. Auf der anderen Madison Cawthorn aus North Carolina, der mit seinen 25 Jahren das jüngste gewählte Mitglied des Kongresses der modernen US-Geschichte ist. Doch auch wenn er aus derselben Generation wie McBride ist – die beiden Politiker könnten nicht unterschiedlicher sein.
USA: Amerikaner teilen sich in erzkonservativ und liberal wie nie
Heroische Musik, wehende US-Flaggen, eindringliche Rede: Der 25-jährige Republikaner weiß sich in Szene zu setzen. Er ist jung, gutaussehend, motiviert – und erzkonservativ. Cawthorn ist ein Hardliner beim Thema Einwanderungspolitik, ein Waffen-Fan und Abtreibungsgegner. Und er hat ein klares Feindbild: Die Demokraten und Liberalen, allen voran Nancy Pelosi und die New Yorker Kongressfrau Alexandria Ocasio-Cortez.
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Cawthorn nannte die beiden Demokratinnen sogar als Grund für seine Kandidatur. Auf seiner Website schrieb er, dass er für den Kongress kandidieren werde, da „unser Glaube, unsere Freiheiten und unsere Werte von Küsteneliten und Linken wie Nancy Pelosi und Alexandria Ocasio-Cortez angegriffen werden.“
Cawthorn nennt Alexandria Ocasio-Cortez als Grund für seine Kandidatur
Er selbst bezeichnet sich als einen amerikanischen Patrioten, der das Land heilen will. Doch seine Wahlkampagne war nicht heilend, sie war aggressiv. Und erinnerte nicht selten an Donald Trump – denn Cawthorn war sich nicht zu schade, die Gruselmärchen des Präsidenten über die Demokraten aufzugreifen.
Dafür nutzte er zum Beispiel das solidarische Hinknien vieler Sportler und Politiker im Zuge der Anti-Rassismus-Demonstrationen für seine politische Agenda. In dem Video „Athleten und Politiker knien vor dem Mob. Ich werde stehen“ auf seiner Instagram-Seite fragt der 25-Jährige: „Seid ihr müde von Politikern, die für nichts einstehen? Ihr habt diese Menschen gewählt, damit sie für euch einstehen. Aber wann habt ihr das letzte Mal einen Politiker gesehen, der für irgendetwas eingestanden ist?“
Republikaner nutzt Kniefall gegen Rassismus in eigener Sache
Die (demokratischen) Politiker würden vor dem „gewalttätigen Mob“, vor dem Sozialismus und vor der Globalisierung knien, so der junge Republikaner. „Sie knien vor denen, die unsere Arbeitsplätze zerstören, unsere Grenzen öffnen und unsere Schulen schließen.“
Das Filmchen endet mit einem vermeintlich heroischen Höhepunkt: „Ich bin müde, von Feiglingen vertreten zu werden, die knien. Ich bin stolz, ein Amerikaner zu sein. Und weil ich stolz bin, stehe ich.“ Madison Cawthron erhebt sich daraufhin, während seine Armmuskulatur dramatisch in Szene gesetzt wird – ein gut inszenierter Moment, denn: Cawthorn sitzt, seit er mit 18 Jahren einen Autounfall hatte, im Rollstuhl. Er ist seitdem teilweise gelähmt.
Der Inhaber einer Immobilien-Investmentgesellschaft bezeichnet sich auf seiner Website als „Verfassungskonservativer“, der sich „der Verteidigung der Werte des Glaubens, der Familie und der Freiheit verpflichtet fühlt, die Amerika groß gemacht haben“.
Doch obwohl er sich gerne mit einer reinen, patriotischen Weste präsentiert, sorgt er mit merkwürdigen Auftritten für Irritationen. So stand er etwa für Fotos von 2017 auf seiner Instagram-Seite in der Kritik, die ihn beim Besuch von Adolf Hitlers Feriendomizil in Deutschland zeigen, das als „Adlerhorst“ bekannt ist. Dieser Ort habe schon immer auf seiner „Bucket-Liste“ gestanden, schrieb Cawthorn begeistert.
Sarah McBridew: Erste Trans-Person zieht für Delaware in den Senat
Die Faszination für das Ferien-Domizil eines Diktators und Massenmörders teilt Sarah McBride nicht. Und auch sonst unterscheidet sie sich extrem von dem Sieger aus North Carolina. Sie ist die erste bekennende Transgender-Politikerin in den USA, die in den Senat eines Bundesstaates einzieht. Mit 86 Prozent der Stimmen in Delaware schlug sie ihren republikanischen Gegner Steve Washington.
Die 30-jährige McBride ist seit ihrer Jugend politisch aktiv: Ihr besonderer Einsatz gilt der LGBTQIA-Community, der sie in Delaware bereits half, ein Gesetz zu verabschieden, dass die Diskriminierung von Trans-Menschen im Arbeitsalltag verbot. Mit ihrem Antritt zur Wahl und ihrem Sieg wolle sie Transgender-Kindern zeigen, „dass unsere Demokratie auch für sie groß genug ist“, schrieb sie auf Twitter.
Doch McBride setzt sich nicht nur für Themen der LGBTQIA-Community ein, sondern auch für eine allgemeine Gesundheitsversorgung und andere Themen der liberalen Demokraten. Sie ist für gleiche Chancen, will das Land einen und gegen die Spaltung arbeiten – und ist damit für viele das Gegenteil von Madison Cawthorn.