Fall Maddie: Welche Rolle die britische Klatschpresse spielt
London –
Die Geschichte der bei einem Urlaub in Portugal verschwundenen Maddie ist unzertrennlich mit der britischen Boulevardpresse verknüpft. Ob die mediale Aufmerksamkeit dazu beitrug, den Fall zu lösen oder es schwerer machte, ist so ungewiss wie das Schicksal des Mädchens.
Als die drei Jahre alte Britin Madeleine McCann am 3. Mai 2007 aus ihrem Bett in einer Ferienwohnung im portugiesischen Praia da Luz verschwand, dauerte es nicht lange, bis der kleine Ort von Journalisten überrannt wurde.
Maddie McCann: Vater setzt PR-Maschinerie in Gang
Es war Vater Gerry, Mediziner aus Schottland, der die professionelle PR-Maschinerie in Gang gesetzt hatte, damit seine Tochter nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwindet. Nichts ließ die Familie unversucht: Privatdetektive, ein Besuch beim Papst, ein Gespräch mit US-Erfolgstalkerin Oprah Winfrey – alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt.
Die Story über das vermisste Mädchen fiel in eine Zeit, als die britischen Medien zügelloser waren denn je. Britische Journalisten hörten Telefone ab, um an Informationen über Promis und Verbrechensopfer zu kommen. Die inzwischen eingestellte „News of the World“ veröffentlichte Einträge aus Kate McCanns Tagebuch ohne deren Zustimmung – und musste sich öffentlich entschuldigen. Auch die „Sunday Times“ wurde von den McCanns verklagt, weil sie berichtete, die beiden hätten Informationen über das Verschwinden Maddies zurückgehalten.
Fall Maddie: Gelddruckmaschine für Boulevardpresse
Für die britische Boulevardpresse war die Familie eine Gelddruckmaschine, auch weil sie vorzeigbar ist – beide Elternteile Ärzte, erfolgreich, katholisch, attraktiv. „Wenn Kate dick, pickelig und alt wäre, würden sie nicht all diese Zeitungen verkaufen“, zitierte das Magazin „Vanity Fair“ eine Schwägerin.
Mittlerweile ist die Situation anders: Eine Schlammschlacht in den britischen Medien gibt es nicht mehr. Zum 10. Jahrestag von Maddies Verschwindens gaben die Eltern dem Sender BBC ein Interview. Noch immer kaufe sie Geschenke für ihre Tochter zum Geburtstag und zu Weihnachten, sagte Kate McCann.
Maddie McCanns Eltern wollen ihren Frieden finden
„Ich denke natürlich darüber nach, wie alt sie ist und dass es angemessen ist für sie, wann immer wir sie finden.“ Die Jahrestage und der Geburtstag seien „bei Weitem am schwersten“ zu ertragen, sagte Gerry McCann. Beide Daten liegen im Mai. Maddie wäre jetzt 17 Jahre alt – falls sie noch leben sollte.
Deutsche Ermittler gehen nicht mehr davon aus: Sie sind sich sicher, dass der 43-jährige Verdächtige, der derzeit in Kiel im Gefängnis sitzt, das Mädchen umgebracht hat. Die McCanns hoffen einfach nur, dass der Fall aufgeklärt wird: „Wir müssen es wissen, denn wir müssen Frieden finden.“