• Mediziner tragen einen mit dem Coronavirus infizierten Patienten in einen Krankenwagen.
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Früherer Musterschüler: Südkorea galt als Corona-Vorbild – warum sich das gerade ändert

Seoul –

Südkorea galt lange als Vorbild in Sachen Pandemie-Bekämpfung. Die Regierung machte sich durch ihr rasches und rigoroses Durchgreifen weltweit einen Namen – die geringen Zahlen der Corona-Neuinfektionen und Toten gaben ihr recht. Doch mittlerweile erreicht auch Südkorea neue Höchststände. Wie konnte es dazu kommen?

Diese Zahlen wären in Deutschland ein Grund zur Freude, in Südkorea sind sie besorgniserregend: Am Dienstagmorgen meldete das Land insgesamt 44 364 Corona-Infizierte und 600 Tote – bei knapp 52 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Gesamtzahl der Infizierten laut Johns-Hopkins-Universität aktuell bei über 1,3 Millionen, die Zahl der Corona-Toten bei 22 768.

Südkorea: Zahl der Neuinfektionen steigt

Doch trotz der vergleichsweise guten Lage steigen die Zahlen auch beim Musterschüler Südkorea derzeit stark an: Am Sonntag meldete das Land erstmals 1050 Neuinfektionen an einem Tag. Ein großes Problem, denn das Land kommt wesentlich schneller an den Rand seiner medizinischen Kapazitäten als Deutschland.

Corona Seoul

Eine medizinische Mitarbeiterin in Schutzkleidung entnimmt auf einem Coronavirus-Testgelände einer Frau eine Probe.

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Hinter den erneut drastisch ansteigenden Zahlen wird die Lockerung der Corona-Maßnahmen vermutet: Mitte Oktober waren die Zahlen in Südkorea so tief, dass sich die Überzeugung verbreitete, man habe das Virus nun unter Kontrolle – in einem Zeitraum von zwei Wochen wurden täglich weniger als 60 neue Fälle gemeldet, am 15. Oktober sogar nur 47 Neuinfektionen.

Die Regierung um Premierminister Chung Sye-kyun reagierte mit Lockerungen im Bereich der Sozialkontakte. Außerdem wollte Chung die Wirtschaft ankurbeln und die Stimmung in der Gesellschaft heben – Konsum-Gutscheine wurden verteilt.

Südkorea verschärft Corona-Regeln wieder

Mittlerweile sind die Lockerungen jedoch wieder kassiert. Einen Lockdown, wie er ab Mittwoch in Deutschland in Kraft tritt, gibt es allerdings nicht. In Südkorea müssen bis zum 28. Dezember Restaurants, Geschäfte und Theater um 21 Uhr schließen, Cafés dürfen nur „zum Mitnehmen“ verkaufen, Versammlungen von mehr als 50 Menschen sind in Seoul und Umgebung verboten, der öffentliche Nahverkehr fährt seltener. Fitnessstudios, Nachtclubs und Bars sind geschlossen, während Homeoffice, Maske und Sicherheitsabstand ebenfalls zum vorgegebenen Programm gehören.

Allein mit diesen Maßnahmen konnte Südkorea seine Corona-Zahlen bisher nicht so niedrig halten. Diese beruhen vielmehr auf einem rigorosen Kontakt-Tracking und strengen Quarantäne­regeln, wie sie in Deutschland kaum vorstellbar wären: In dem Land werden Kreditkartenabrechnungen der Bürger eingesehen sowie genaue Bewegungsprofile der Menschen erstellt. Zwar ermöglicht diese Kontaktverfolgung schnelle Maßnahmen und Reaktionen bei Infektionen, doch sie sorgt auch für enormen gesellschaftlichen Druck. Wer gegen Corona-Regeln verstößt oder sich unvorsichtig verhält, landet leicht am Pranger im Internet. Eine Umfrage der „Seoul National University Graduate School of Public Health“ ergab, dass sich mehr Befragte vor dem sozialen Stigma als vor einer Infektion mit dem Virus fürchten.

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Für den Großraum um die Hauptstadt Seoul kündigte die Regierung jetzt weitere Maßnahmen an. So soll es kostenlose Corona-Tests geben und die Zahl der Krankenhausbetten auf 10 000 ausgebaut werden. Denn das Gesundheitssystem in Südkorea ist aktuell schlecht aufgestellt, Infektionszahlen wie in Deutschland würden zu einem völligen Kollaps führen.

Südkorea: Zurückhaltung beim Thema Impfen

Mit Blick auf das Thema Impfen zeigt sich Südkorea derzeit zurückhaltend. Nach Regierungsangaben hat sich das Land den frühen Zugriff auf ausreichend Corona-Impfstoff für bis zu 44 Millionen Menschen gesichert – damit könnten 85 Prozent der Bevölkerung mit Impfungen versorgt werden, so das Gesundheitsministerium. Man werde jedoch nicht sofort mit den Impfungen beginnen, sondern zunächst abwarten, so Gesundheitsminister Park Neung Hoo.

Der Grund für die Zurückhaltung seien Bedenken mit Blick auf die Sicherheit und die Wirksamkeit des Impfstoffes. Südkorea werde flexibel über den Impfzeitplan entscheiden, sagte Park. Man wolle zuerst die Nebenwirkungen und Effekte in den anderen Ländern beobachten, die bereits mit den Impfungen begonnen haben. Erst im Frühjahr sollen dann erste Impfdosen ausgeliefert werden.

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